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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Ingrid W. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Ingrid W. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Ströbele,

ich danke Ihnen für die schnelle Antwort, habe aber noch Fragen zu den "Hoheitsrechten" des Parlaments. Verstehe ich den nachfolgenden Artikel 32 Punkt 8 "Entwurf des Gesetzes zum ESM.." denn völlig falsch?

sind Ihnen die nachfolgenden Passagen des den "Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 2. Februar 2012 zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus" bekannt? Wissen Sie, dass Sie mit Zustimmung zum ESM und Fiskalpakt die Gewaltenteilung praktisch aufheben? Art. 20 Abs 2 GG!
Zitat Artikel 32
(5) Die Archive des ESM und sämtliche Unterlagen, die sich im Eigentum oder im Besitz des ESM befinden, sind unverletzlich.
(6) Die Geschäftsräume des ESM sind unverletzlich.
(7) Jedes ESM-Mitglied und jeder Staat, der den Rechtsstatus und die Vorrechte und Befreiungen des ESM anerkannt hat, gewährt dem amtlichen Nachrichtenverkehr des ESM dieselbe Behandlung, die er dem amtlichen Nachrichtenverkehr eines ESM-Mitglieds gewährt.
(8 ) Soweit dies zur Durchführung der in diesem Vertrag vorgesehenen Tätigkeiten notwendig ist, sind das gesamte Eigentum, die gesamte Mittelausstattung und alle Vermögenswerte des ESM von Beschränkungen, Verwaltungsvorschriften, Kontrollen und Moratorien jeder Art befreit.

Leider kann ich Ihnen nicht den gesamten Artikel 32 zusenden, da die Anzahl der Zeichen begrenzt ist. Aber allein der Absatz 8 macht mich mißtrauisch, weil hier u.a. steht, dass ".... alle Vermögenswerte des ESM von Beschränkungen, Verwaltungsvorschriften, K o n t r o l l e n und Moratorien j e d e r Art befreit sind!"

Wie soll ich denn diesen Artikel verstehen, wenn nicht als "Aushebelung"?
Es gibt inzwischen eine Petition für den Bundestag, die von mehr als 5000 Bürgerinnen und Bürgern mitgezeichnet wurde. Vielleicht schauen Sie dort einmal rein? "Keine Ratifizierung des ESM und Fiskalpaktes"

Mit freundlichen Grüßen
Ingrid Wilczek

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Wilczek.

Nicht nur der Artikel 32 sondern auch die 47 anderen Artikel dieses Vertrages liegen mir vor und sind mir bekannt. Die Probleme dieses Vertragswerks sehe ich nicht so sehr in den Immunitätsregelungen oder denen über die Vorrechte. Sie sind nicht anders als bei anderen internationalen Organisationen, bei der EU und diplomatischen Vertretungen üblich. Das kann man kritisieren. Das ist aber keine "Aushebelung", was auch immer Sie darunter verstehen.
Die angesprochene Petition kenne ich nicht.
Aber meine kritische Haltung können Sie der Stellungnahme auf meiner homepage und der öffentlichen Erklärung entnehmen, die ich anfüge:
Mit einer Verabschiedung von ESM und Fiskalpakt wird zur Bewältigung der Finanzkrise der gnadenlose Sparkurs fortgesetzt. Aber dieses Sanierungsrezept ist gescheitert. Bevor es unwiderruflich festgeklopft ist, muss umgesteuert werden. Für die Opposition geht es auch darum, ob sie in einer existenziellen Frage, ein eigenes Profil zeigt und Glaubwürdigkeit gewinnt. ESM und Fiskalpakt sind die Fortsetzung der rigiden Sparpolitik für Europa, vielleicht sogar ihr Höhepunkt. In Griechenland scheint diese Politik nicht mehr durchsetzbar. Die Bevölkerung unterwirft sich nicht mehr dem inhumanen Sparen. ESM und Fiskalpakt sind nur schwer mit dem Grundgesetz zu vereinbaren. Sie schränken die Souveränität der Vertragsstaaten und die Entscheidungsrechte ihrer Parlamente über den Haushalt, substantiell und auf Dauer unwiderruflich ein. Im ESM ist die parlamentarische Beteiligung nicht lückenlos gesichert. Gouverneursrat und Direktorium sind beschlussfähig, wenn zwei Drittel der Stimmberechtigten anwesend sind, also auch ohne den deutschen Vertreter. Die Verpflichtungen, welche die Mitglieder des ESM eingehen, sind nicht ausreichend bestimmt. Die Regelungen über den Haftungsumfang sind unvollständig. Und offen bleibt die Haftung für Defizitsünder und wer eigentlich haftet, wenn ein oder mehrere Vertragspartner Beiträge nicht zahlen wollen oder nicht können. Auch der Fiskalpakt beschränkt die Haushaltsrechte der Vertragsstaaten und ihrer Parlamente. Vor allem sind ESM und Fiskalpakt politisch nicht verantwortbar. Sie sind nicht zweckmäßig für die Bewältigung der Krise. Sie setzen weiter nur auf Sparen. Damit werden die ökonomischen Probleme verschärft und vor allem große Teile der Bevölkerung in Armut und Elend geführt.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele