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Hans-Christian Ströbele
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Josef K. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Josef K. bezüglich Kultur

Sehr geehrter Herr Ströbele,

am 13.5.2012 haben mehrere Abgeordnete ihrer Fraktion sich aus Anlaß des derzeitig stattfindenden Katholikentages als Katholiken mit der Erklärung "Echter Aufbruch" an die Öffentlichkeit gewandt.
Halten sie es für richtig, dass sich Politiker ihrer Partei derartig, entgegen der im Art. 140 unseres Grundgesetzes vorgesehenenTrennung von Kirche und Staat, für die Belange EINER Religionsgemeinschaft einsetzen?
Befürworten sie, dass sich ihre Partei über Zielsetzungen und Reformnotwendigkeiten innerhalb einer Religionsgemeinschaft Gedanken machen soll, indem sie die "Rückführung des Glaubens" auf den Stifter fordert?
Sehen sie es als Aufgabe ihrer Partei an, die Auswirkungen eines Konzils ( Vatikanum II) innerhalb der Kirche zu kommentieren und Forderungen, z.B. wegen der intensiveren Einbindung von Laien in die Kirche, zu stellen?
Ist es Aufgabe ihrer Partei sich über die Frage welche Form der Messfeier, tridentinisch oder nicht, auszulassen?
Betrachtet sich ihre Partei als Wächterin des Erhaltes der katholischen Kirche, wenn in diesem Papier der zu erwartende Rückgang der Kirchenmitglieder beklagt und auf die Wichtigkeit der Erhaltung der Kirche hingewiesen wird?
Wird durch ihre Partei die Forderungen des Grundgesetzes nach Trennung von Kirche und Staat verneint, weil, unter Beteiligung ihres "Kirchenbeauftragten" eindeutig von diesem Gesetzesauftrag abgerückt und eine dauerhafte Präsenz der Kirche im Staat als Zielvorgabe verkündet wird?
Derartige Verlautbarungen festigen nach meiner Meinung die ohnehin allgegenwärtige Präsenz der Kirche und konterkarieren den Verfassungsauftrag,den bisher keine Bundesregierung ernsthaft zu erfüllen versucht hat.
Die Donationen,Zuschüsse und Steuervorteile, für christliche Kirchen betragen derzeit JÄHRLICH insges. ca. 25 Milliarden Euro.!!!
Will ihre Partei diese Kosten weiter erhöhen, und anderen Gemeinschaften gleiche Rechte eingeräumen, oder wollen sie dem Art.140GG gerecht werden?

J.K.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Kraftsik.

Ja, ich halte es für völlig richtig und selbstverständlich, daß sich Politiker, auch die meiner Partei für Belange einer Religionsgemeinschaft einsetzen.
Artikel 140 Grundgesetz steht dem nicht entgegen. Politiker sind nicht der Staat, sondern Bürgerinnen und Bürger mit einer Meinung zu gesellschaftlichen Problemen, wozu auch die der Kirchen gehören, und zuweilen auch Mitglieder von Religionsgemeinschaften. Das ist doch nicht verboten.

Die grüne Partei macht sich nicht Gedanken, sondern deren Mitglieder. Die grüne Partei hat zu den von Ihnen genannten Zielsetzungen keine Beschlüsse gefaßt. Die grüne Partei hat nichts kommentiert, auch nicht das Vatikanum II oder die Form der Messfeier, Mitglieder offensichtlich der Partei schon. An der Forderung nach intensiveren Einbeziehung von Laien kann ich nichts Verwerfliches finden.
Die grüne Partei betrachtet sich nicht als Wächterin des Erhalts einer Religionsgemeinschaft, schon gar nicht der katholischen Kirche.
Nein, die grüne Partei rückt nicht von der Trennung von Kirche und Staat ab und eine allgegenwärtige Präsenz der oder einer Kirche kann ich auch nicht feststellen.
Warum machen Sie den Umweg über komplizierte Fragen und Unterstellungen, wenn es Ihnen eigentlich darum geht, die staatlichen Zahlungen an die christlichen Kirchen in Frage zu stellen?
Meine Meinung dazu ist, daß staatliche Zuschüsse oder andere Finanzierungsarten kirchlicher Organisationen und die anderer Regilionsgemeinschaften berechtigt, vielleicht sogar notwendig sind, wenn diese soziale Aufgaben in der Gesellschaft wie Kinderbetreuung, Gesundheits- und Altersversorgungung wahrnehmen. Sie sind nicht anders zu behandeln als andere gemeinnützige Organisationen auch. Häufig sind heute kirchliche Bemühungen dieser Art im Ergebnis besser als andere. Allerdings müssen sie ebenfalls Mindeststandards der Rechtsstellung der in diesen Bereichen beschäftigten Mitarbeitenden einhalten. Die Aufgabenerfüllung muß staatlich beaufsichtigt und kontrolliert bleiben, wie die anderer gemeinnütziger Organisationen auch.
Mit dem staatlichen Einzug der Kirchensteuer habe ich Probleme.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele