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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Barbara U. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Barbara U. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Stroebele

Richtig, das Verwaltungsgericht hatte zu entscheiden gehabt, ob das Verbot dieser Demonstration mit den Grundrechten der Demonstranten auf Meinungskundgabe- und Versammlungsfreiheit zu vereinbaren ist. Dagen hätte ich auch nichcts, aber in dem Zusammenhang wurde dem Kläger lt. Pressemeldung zugestanden, dass er die Karrikaturen usw zeigen kann, ohne sich die Nutzungsrechte dafür zeigen zu lassen. Genau das ist der Punkt! Wie kann das Verwaltungsgericht etwas genehmigen, ohne zu wissen oder sich abzusichern, ob der Kläger überhaupt die Nutzungsrechte an den Karrikaturen hat?
Ich kann mir kaum vorstellen, dass dem Richter die Bedeutung der Karrikaturen unbekannt ist.
Es ist doch nachvollziehbar, dass der Innenminister das Zeigen der Karrikaturen verboten hatte, um Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten und um das Leben des Zeichners nicht erneut in die Öffentlichkeit zu zerren und in Gefahr zu bringen.

Weshalb muss man als Betroffener beim Zvilgericht klagen, d.h. Gerichts- u. Anwaltskosten vorstrecken, um seine Rechte zu sichern/schützen?
Wenn der Beklagte zahlungsunfähig ist, bleibt man als Kläger neben all dem Ärger auch noch auf den Kosten des Rechtstreits sitzen. Gehört es nicht zur Pflicht eines Richters sich umfassend mit der Problematik auseinanderzusetzen und bestimmte Fakten an Bedingungen zu knüpfen, wie z. B. das Vorlegen der Nutzungsrechte an den Zeichnungen?
Es würde nicht nur Gerichtskosten sparen, sondern auch Eigentümer schützen und für mehr politischen Frieden sorgen. Ich bin über die grenzenlose Naivität des Richters erschüttert!

Kann man nicht die Gesetzeslage so erweitern oder ändern, dass Verwaltungsrichter immer auch zu kontrollieren haben, ob der Kläger auch die jeweiligen Rechte oder Berechtigungungen hat, mit der er seine Klage begründete, wenn es so offensichtlich ist, wie in diesem Fall?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Uduwerella.

Wie schon erwähnt kenne ich weder das Gerichtsverfahren beim Verwaltungsgericht, noch das vermutlich vorangegangene Verbotsverfahren der Behörden in NRW gegen die Demonstranten von "Pro-NRW". Ich vermute, daß das Verbot nicht mit dem Schutz des Zeichners begründet wurde, sondern mit Gefahren für die öffentliche Sicherheit. Deshalb konnte das Gericht auch nur darüber entscheiden, ob solche Gefahren ausreichend sicher festgestellt werden konnten und ob nicht die Inanspruchnahme der Grundrechte auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit vorrangig waren. Etwaige persönliche Gefährdungen des Zeichners könnten allenfalls im Zusammenhang mit der generellen Gefährdungslage eine Rolle gespielt haben. Ob das der Fall war kann ich nicht beurteilen.
Offensichtlich hat das Verwaltungsgerichts den Schutz dieser Grundrechte jedenfalls als vorrangig gewertet.

Aufgabe des Verwaltungsgerichts ist es nun mal nicht, Rechtsstreitigkeiten von Bürgern und Bürgerinnen untereinander zu entscheiden. Dafür sind die Zivilgerichte zuständig. Ob man das ändern sollte dahingehend, daß das Gericht auch Privatinteressen wie den Schutz von Urheberrechten berücksichtigen sollte, und eine solche Änderung mit dem Grundgesetz vereinbar wäre, ist mehr als fraglich. Die von Ihnen erwähnten Kosteninteressen werden dabei kaum eine Rolle spielen.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele