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Hans-Christian Ströbele
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Mario B. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Mario B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Ströbele,

der US Supreme Court verhandelt aktuell einen Fall mit großen Auswirkungen auf die weltweite Durchsetzbarkeit von Menschenrechten, den sog. Kiobel Case. Es geht darum, inwieweit Shell in den USA wegen Menschenrechtsverstößen in Nigeria gegen die Ogoni auf Schadensersatz verklagt werden kann.

Der Fall hat weltweite Bedeutung, weil mit ihm auch geklärt werden wird, ob sich multinationale Unternehmen für Menschenrechtsverstöße, die in anderen Ländern als den USA begangen wurden, weiterhin vor US Gerichten verantworten müssen.

Während die Obama Regierung und die Vereinten Nationen im Kiobel Case die Partei der Ogoni Volksgruppe ergriffen, hat sich die Bundesregierung in einer völlig unerwarteten Stellungnahme auf die Seite von Shell gestellt. Der US Supreme Court hat nun den Fall auf September 2012 vertagt.

Ich möchte Sie bitten folgende Fragen ggf. im Rahmen einer kleinen Anfrage an die Bundesregierung zu klären:

1.) Wer genau hat die Stellungnahme der Bundesregierung in Auftrag gegeben? Wer war an der Vergabe beteiligt (Namen, Position, Abteilung) ?
2.) Gab es bezüglich des Kiobel Falles Kontakte zwischen der Bundesregierung, dem Außenministerium oder anderen Behörden und der Firma Shell bzw. ihren Vertretern oder Lobbyisten oder anderen Firmen und/oder Verbänden? Wenn ja welche?
3.) Wer trägt die politische Verantwortung für diesen Vorgang und die Stellungnahme?
4.) Plant die Bundesregierung mit einer weiteren Stellungnahme für die nächste Anhörung im US Supreme Court noch einmal in den Fall einzugreifen?

Wie bewerten Sie persönlich das Vorgehen der Bundesregierung im Kiobel Case? Könnten Sie sich vorstellen, eine Resolution zu unterstützen, in welcher sich der Bundestag von der Stellungnahme der Bundesregierung im Kiobel Case distanziert?

Quellen:
FAZ: http://www.faz.net/-gq7-6yy63
taz : http://bit.ly/Jn9Im3
Kiobel Case samt Stellungnahmen: http://bit.ly/AmFfPr
Stellungnahme der Bundesregierung: http://bit.ly/Kuo99f

Portrait von Hans-Christian Ströbele
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Broccucci,

Die von Ihnen aufgeworfenen Fragen 1 bis 4 sind in einer Kleinen Anfrage enthalten, die mein Kollege Volker Beck für die Bundestagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen an die Bundesregierung gerichtet hat. Sie wurde am Dienstag von der Fraktion beschlossen und wird voraussichtlich heute oder morgen bei der Bundesregierung eingereicht werden. Etwa Mitte kommender Woche finden Sie die Anfrage dann auch im Dokumentations- und Informationssystem des Deutschen Bundestages (http://dipbt.bundestag.de/dip21.web/searchDocuments.do;jsessionid=F74FE86A2CCE089558DB6432298FD5F3.dip21). Die Antwort auf die Kleine Anfrage wird etwa zwei Wochen später erscheinen.

Ich selber halte das Vorgehen der Bundesregierung für falsch. Es ist mit dem viel propagierten im Einsatz für die Menschenrechte nicht zu vereinbaren. Der Sonderberichterstatter für Wirtschaft und Menschenrechte der UN, John Ruggie, hat in seinem Bericht (A/HRC/17/31) unterstrichen, dass der effektive Zugang zu Gerichten, also die Möglichkeit, Entschädigungen zu erhalten, eine der drei Säulen ist, mit denen künftig Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen eingedämmt werden sollen. Dies ist derzeit in der Praxis häufig nicht möglich, da in den Staaten des Tatorts die Rechtssysteme häufig nicht in der Lage oder nicht willens sind, Gesetze zu schaffen, die es möglich machen Entschädigungszahlungen gerichtlich durchzusetzen. Ein Gerichtsforum in den USA ist zwar nicht die beste Lösung, solange aber Klagen auch in Deutschland in solchen Fällen nahezu aussichtslos sind, sollte sich die Bundesregierung nicht gegen ein sogenanntes "forum shopping" in den USA stellen. Sie schadet damit den Opfern und somit letztlich der Durchsetzung der Menschenrechte.
Ja, eine entsprechende Resolution des Deutschen Bundestages würde ich grundsätzlich unterstützen.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele