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Hans-Christian Ströbele
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Günter H. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Günter H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Stroebele,

ich hätte gerne gewußt wie zum geplanten "Maulkorb" für Bundestagsabgeordnete stehen, die nicht konform zu ihrer Fraktion stehen und eine andere Meinung im Plenum vertreten wollen als die von ihrer Partei vorgegebene. Mit "ihrer Partei" meine ich explit nicht nur Bündnis 90/Die Grünen sondern grundsätzlich alle im Bundestag vertretenen Parteien.

Vielen Dank für Ihre Mühe.
Mit grünen Grüßen

Günter Hoffmann

Portrait von Hans-Christian Ströbele
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Hoffmann.

Welche Frage gerade an mich, der ich zehn Jahre lang von meiner Fraktion keine Redezeit bekommen hatte um meine abweichende Meinung zu Krieg in Afghanistan im Plenum zu sagen. Selbstverständlich bin ich für Redezeit für Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen, die eine von ihrer jeweiligen Fraktion abweichende Meinung zu Gehör bringen wollen.
Der Bundestagspräsident hatte mit seiner Zulassung der Reden von Abweichlern in der CDU und FDP zum milliardenschweren Rettungsschirm von der Fraktionsmeinung mal eine gute Idee und die Verfassung richtig verstanden, schon wird er „zur Ordnung“ gerufen. Auch ich habe in den vergangen Monaten einmal dankbar die Möglichkeit in einer Afghanistandebatte genutzt, die mir Lex-Lammert eröffnet hatte.
Anstatt sich dafür einzusetzen, daß die einzelnen Abgeordneten mehr Möglichkeiten zum Mitdiskutieren und Mitgestalten im Parlament bekommen, wollen die Fraktionsführungen der CDU, SPD, FDP, die für sich Rederecht von 20 Minuten und mehr ständig in Anspruch nehmen, die Redezeit für einzelne Abgeordnete, die nicht ihrer Meinung sind, auf drei Minuten begrenzen und nur nach Abstimmung mit ihnen zulassen. Haben sie denn so große Angst um Einfluß und Disziplin.

Der Name „Parlament“ kommt vom lateinischen parlare, das heißt „reden“. Die Parlamentsabgeordneten sind also zum Reden im Parlament da. Wenn ich dort nicht reden darf, kann ich gleich zu Hause bleiben und per mail abstimmen. An der Meinungsbildung im Parlamentsplenum soll ich ja möglichst nicht mitwirken, höchstens durch Beifallklatschen. Abweichler von den Fraktionsmeinungen sollen diszipliniert werden. Meinungsvielfalt bleibt auf der Strecke. Debatten werden langweiliger. Kein Wunder wenn die Bevölkerung sich abwendet und viele ihre Meinung im Parlament nicht mehr vertreten finden .
Am 26.4., dem nächsten Sitzungstag, um fünf Minuten vor 20 Uhr, wenn kaum noch jemand zuhört und keine Öffentlichkeit mehr da ist, befaßt sich der Bundestag mit dieser Änderung der Geschäftsordnung.
Die gemeinten Abweichler müssen sich notfalls über Fraktionsgrenzen hinweg zusammentun und mit Hilfe des Bundesverfassungsgericht ihre Verfassungsrechte sichern auch im Interesse der Parlamentarischen Demokratie.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele