Frage an Hans-Christian Ströbele von Reinhard J. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Ströbele,
in dem für die US Außenpolitik einflußreichen Council on Foreign Relations schreibt Matthew Kroenig in der Januar-Februar Ausgabe 2012 einen ganz offenen Kriegsaufruf gegen den Iran, "Time to Attack Iran, Why a Strike Is the Least Bad Option".
http://www.foreignaffairs.com/articles/136917/matthew-kroenig/time-to-attack-iran
Es ist nur einer der zahlreichen kriegstreiberischen Aufrufe, die von den USA, ihren Verbündeten und Israel derzeit kommen. Warum hört man von den Grünen so wenig gegen diese Kriegstreiberei, und das nach den Desastern im Irak und in Afghanistan und den vielen Toten in Libyen? Warum organisieren die Grünen keine Demonstrationen zusammen mit anderen Gruppen der Friedensbewegung, um in der Öffentlichkeit ein Bewußtsein dafür zu schaffen, daß nun der nächste Krieg propagandistisch und militärisch vorbereitet wird, der weit verheerender sein dürfte als die beiden anderen und zu einem Flächenbrand werden könnte mit einer möglichen Involvierung von Rußland und China?
Seit Joschka Fischer 1999 als deutscher Außenminister im NATO-Krieg gegen Serbien Krieg als Mittel zum Zweck auch bei den Grünen salonfähig gemacht hat, scheint die einstige Friedenbewegung zu Grabe getragen worden zu sein und nimmt jeden neuen imperialistischen Krieg achselzuckend hin. Oder wie anders soll man sich das Stillschweigen der Grünen und der Friedensbewegung heute erklären angesichts der offenen Kriegstreiberei gegen den Iran?
Mit freundlichem Gruß
Reinhard Jahn
Sehr geehrter Herr Jahn.
Die Grünen haben sich durchaus gegen die Kriegsdrohungen aus den USA und Israel gegen den Iran öffentlich geäußert. Zuletzt war es der Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion vor einigen Tagen.
Auch aus der Friedensbewegung gab es immer wieder klar ablehnende Stellungnahmen zu einem solche Krieg.
Aber die Bereitschaft und Kraft zur Mobilisierung schein zu fehlen.
Warum es dazu keine größere Protestbewegung auf der Straße gibt, darüber kann ich auch nur spekulieren.
Einmal wurden in den letzten Jahren immer wieder solche Drohungen ausgesprochen, ohne daß ein Krieg folgte. Möglicherweise haben sich viele daran gewöhnt und glauben nicht mehr, daß die Drohungen ernst gemeint sind.
Zum anderen ist die Friedensbewegung derzeit mal wieder wenig mobilisierungsfähig, so daß selbst anläßlich der Afghanistan-Konferenz in Bonn nur einige tausend Menschen demonstriert hatten. Das kann sich sehr schnell wieder ändern, wenn angesichts der Ereignisse Widersprüche in den Hintergrund treten und gemeinsame Proteste offensichtlich dringend notwendig sind.
Aber ich gebe Ihnen Recht, die Drohungen sind wohl diesmal wirklich ernst zu nehmen und wir standen lange nicht mehr so nah vor einem neuen Krieg.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele