Frage an Hans-Christian Ströbele von Albrecht O. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Guten Tag Herr Ströbele
Griechenland bewegt mich. Viele Leute dort werden komplett dem sozialen Ruin überlassen.
Ich habe Europa immer bejaht und habe es auch immer als Idee des Zusammenwachsens aufgefasst. Diese Idee geht leider verloren. Mich treibt in letzter Zeit eine recht naive Idee um.
Soweit ich die Geschehnisse richtig verstanden habe, hat Deutschland sehr von Europa profitiert und auch gerade davon dass durch schwächere Staaten im Euro-Verbund die Währung für Deutschland künstlich auf einem Niveau gehalten wurde dass das Export-Wunder erst ermöglicht hat. Ergo haben die Firmen in Deutschland und auch die Arbeitnehmer gerade von den schwächeren Staaten in Europa profitiert.
In einer solchen Position verstehe ich nicht dass gerade nur die vielen kleinen Leute in Griechenland, aber auch in Portugal, darunter leiden müssen dass es so viele unehrliche Mitglieder in der Gesellschaft gibt. Auch das sollte man nicht verschweigen dass diese unehrlichkeit geduldet wurde und wie auch hier in Deutschland vermehrt zu einem Charakterzug geworden ist der auch noch "bewundert" wird.
Was ich aber erst recht nicht verstehen kann ist eine geradezu unglaubliche Reduzierung des Mindestlohnes in Griechenland um sage und schreibe 22% und eine hier wachsende Diskussion über ordentliche Lohnzuwächse von mind. 6,5%. Die halte ich angesichts der Gewinne in den Firmen tatsächlich auch für gerechtfertigt, aber leider auch für höchst unmoralisch angesichts des sozialen Leids in Griechenland und nicht nur dort.
Warum begreifen und denken die Leute nicht solidarisch und moralisch.
Nun zu der Idee: es ist naiv - ich weiss - aber warum werden nicht hohe Lohnzuwächse vereinbart und die Arbeitnehmer verzichten auf die Auszahlung. Stattdessen werden diese Gelder verwendet um entweder Arbeitsplätze in Griechenland zu schaffen oder aber eingezahlt in einen Fond zur sozialen Verwendung.
Ich weiss nicht wo ich es sonst loswerden kann...
Sehr geehrter Herr Onasch.
Ihre Auffassung zur sozialen Schieflage des Sparpakets für Griechenland teile ich weitgehend. In der Tat ist es unverantwortlich und eine Zumutung, was von den sozial Schwachen verlangt wird. Das hat mit Wahrung der Menschenwürde nun wirklich nichts mehr zu tun. Und der drohende Ton aus der Bundesregierung, mit der die "Zwangsbeglückung" durchgesetzt werden soll, ist unwürdig und unerträglich.
Ihr Vorschlag zur Unterstützung der sozial Schwachen klingt zunächst einfach und faszinierend. So könnte wahre europäische und internationale Solidarität aussehen!
Nur, außer daß der Vorschlag wirklich unrealistisch ist - schlagen Sie doch mal der Arbeiterschaft und den Angestellten und ihren Gewerkschaften in Deutschland vor, auf jeden Lohnzuschlag zugunsten der Griechen zu verzichten! - beim näheren Hinsehen führt der Vorschlag auch zu ungerechten Ergebnissen. Denn profitiert haben viele mehr in Deutschland direkt oder indirekt vom wirtschaftlichen Aufschwung auf Kosten der Länder im Süden, die einen wenig, die anderen viel mehr. Auch die Freiberufler, Politiker und Beamten und sogar die Rentner. Warum sollen dann die Arbeiter und Angestellten allein auf den Lohnzuwachs zugunsten der sozial schwachen Griechen verzichten. Und ohne freiwilligen Verzicht geht es nicht. Wenn dann sollten doch die sich am meisten beteiligen, die am Deutlichsten profitiert haben. Das geht aber nur über Steuerabgaben.
Genau Solches wollen die Grünen mit der Anhebung des Spitzensteuersatzes und einer Vermögensabgabe für Reiche erreichen, allerdings nicht zweckgebunden für eine Hilfe für die Griechen. Denn auch das wäre ungerecht, denn ausgebeutet, wurden noch viele andere.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele