Frage an Hans-Christian Ströbele von Stefan L. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Ströbele,
soeben ist in sächsischen Justizkreisen durchgesickert, dass das Kabinett ein sog. Tischarbeitsblatt vorliegen hat, in dem ein Gesetzesentwurf diskutiert werden soll der Folgendes besagt:
1. Die Wochenarbeitszeit für Beamte des Freistaats Sachsen soll von 40 auf 42 Stunden erhöht werden.
2. Der Jahresurlaub für die Beamten soll um 5 Urlaubstage reduziert werden.
Nur zu Ihrer Information: Momentan gestaltet sich die Situation eines Richters bzw. Staatsanwalts in Sachsen wie folgt (trifft z.T. auch auf andere Beamte zu).
Wöchentliche Arbeitszeit: ca. 50 - 70 Wochenstunden inkl. mindestens 1 Tag Wochenendarbeit pro Woche ohne Überstundenausgleich.
Ständiger Abbau bzw. keine Neubesetzung von vakanten Stellen.
Verfassungswidrige Vorgaben vom Ministerium bzgl. Erledigungszahlen bei den Richtern zur Ausübung von Druck (diese schränken die richterliche Unabhängigkeit ein).
Enorm hohe Verantwortung im Beruf (es geht hier um Menschenschicksale!).
Massiver Rückgang des Reallohns der Justizbeamten und Richter in den letzten 15 Jahren (in der freien Wirtschaft sind die Reallöhne in den letzten 15 Jahren gestiegen). Eine verfassungskonforme Entlohnung der Richter ist nicht mehr gewährleistet. Ein Normenkontrollverfahren beim BVerfG ist anhängig.
Das Weihnachtsgeld wurde für das Jahr 2011 und die nachfolgenden Jahre gestrichen. Manche jungen Richter mit Partner und 3 Kindern stehen dadurch kurz vor Hartz IV. Die Landtagsabgeordneten haben sich vorher das Weihnachtsgeld gezwölftelt und per Parlamentsbeschluss als Gehaltsbestandteil auf ihr entsprechdes Monatgehalt umgelegt - damit nehmen die Landtagsabgeordneten in Sachsen nicht an der Weihnachtsgeldkürzung teil).
Wie in Sachsen mit den Beamten umgegangen wird ist nicht mehr tragbar! Die Justiz wird ihrer Handlungsfähigkeit mittlerweile immer mehr durch ihr eigenes Ministerium und durch die Verwaltung beraubt!
Können Sie hier von Seiten des Rechtsausschusses positiv einwirken?
Sehr geehrter Herr Lohr.
Nein der Rechtsausschuß kann nicht einwirken auf die Bezahlung von Beamten und Angestellten des Öffentlichen Dienstes und deren Arbeitszeiten in Sachsen.
Auch ich als Bundestagsabgeordneter habe keine Möglichkeit darauf Einfluß zu nehmen.
Ich kann ja verstehen und nachvollziehen, daß Sie sich über die Pläne über die Verlängerung der Arbeitszeit und der Beamten-Einkommen ärgern und beschweren.
Aber die Höhe der Vergütung und Regelung der Beschäftigungsverhältnisse der Landesbeamten ist allein Sache des Landes. Der Bund kann sich da nicht einmischen.
Das Land würde sich eine solche Einmischung unter Hinweis auf die Zuständigkeitsregelung des Grundgesetzes verbitten.
Sie müßten sich also an Abgeordnete des Landtages in Dresden wenden.
Übrigens erhalten die Bundestagsabgeordneten gar kein Weihnachtsgeld.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele