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Hans-Christian Ströbele
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Ulf L. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Ulf L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Ströbele,

da Sie die Entwicklung hinsichtlich des Bundespräsidenten sicher gespannt verfolgen, will ich nur einige Eckpunkte nennen:

WeltOnline schrieb gestern: "Allerdings verwahrte sich Wulff dagegen, die Pressefreiheit eingeschränkt zu haben: „Ich habe nicht versucht, die Berichterstattung zu verhindern.“ Er habe bei der „Bild“-Zeitung nur um Verschiebung gebeten."
Die Chefredaktion der Bild widerspricht: Die Zielrichtung des Anrufs sei klar die Verhinderung des Artikels gewesen.
Problematisch ist dabei nicht das schlechte Verhältnis des BP zur Presse - für das er sich entschuldigt und Besserung gelobt hat.
Viel gravierender ist sein gebrochenes Verhältnis zur PresseFREIHEIT, das in seinen diversen Anrufen offensichtlich wird.
Ein Bundespräsident darf den Respekt vor dem GG, das er schützen soll, auch in schwierigen Situationen nicht verlieren.

Dann hatte gestern Herr Diekmann eine Veröffentlichung des Wortlautes des Anrufs des Bundespräsidenten auf seiner (Diekmanns) Mailbox vorgeschlagen, um im Geiste der von Herrn Wulff im Fernsehinterview angekündigten Transparenz alle Missverständnisse auszuräumen.
Zwischenzeitlich hat der Bundespräsident eine Veröffentlichung des Wortlautes des Anrufs abgelehnt.
Wie auch Herr Oppermann habe ich „kein Verständnis dafür, dass Christian Wulff gestern Transparenz ankündigt und heute die erste Chance dafür verstreichen lässt.”
Es erhärtet sich hier der Verdacht, dass die Darstellung der Bild-Zeitung zutrifft und der Bundespräsident nicht die Wahrheit gesagt hat.
Auch hat zwischenzeitlich die BW-Bank den Aussagen des Juristen Wulff widersprochen.

Wollen Sie weiterhin einen Bundespräsidenten stützen, der offensichtlich auch ein gebrochenes Verhältnis zur Wahrheit hat?

Daher meine Fragen:

Werden Sie den Bundespräsidenten jetzt endlich zum Rücktritt auffordern?
Wenn Nein: warum nicht?

Für Ihre Bemühungen vielen Dank im voraus.

Freundliche Grüsse
Ulf Lange

Portrait von Hans-Christian Ströbele
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Lange.

Ihren Unmut und Ihre Ungeduld kann ich verstehen.
Ich habe mich zu der Affäre des Bundespräsidenten mehrfach auch öffentlich kritisch geäußert u.a. gestern im ARD-Morgenmagazin und vorgestern im Deutschlandfunk. Ich habe die Transparenz vom Bundespräsidenten gefordert, die er selbst immer wieder ankündigt. Dazu gehört, daß er öffentlich macht, was er in dem Telefonat mit der mailbox des Chefredakteurs der Bildzeitung wirklich gesagt hat und ob das Darlehen, das er vom Konto der Frau Gerkens erhalten hatte, eigentlich aus dem Vermögen ihres Ehemannes stammte und ob er das wußte.
In beide Punkten geht es letztlich darum darum, ob der Bundespräsident die volle Wahrheit gesagt hat und glaubwürdig ist. Das ist für mich entscheidend.

Auch ein Bundespräsident darf grundsätzlich von Freunden Darlehen annehmen und auch ein Bundespräsident darf sich gegen Falschdarstellungen über sich in der Presse oder Verletzungen seiner Privatsphäre wehren, notfalls auch mit juristischen Mitteln.

Nur, ein Bundespräsident muß dazu stehen und die Wahrheit sagen.
Er muß die Fakten offenlegen, damit geprüft werden kann, ob er als Ministerpräsident bei der Beantwortung parlamentarischer Anfragen die volle Wahrheit gesagt hatte, ob beim Kreditgeschäft alles in Ordnung war und mit rechten Dingen zugegangen ist und ob es bei seiner versuchten Intervention gegenüber der Bildzeitung tatsächlich um die Wahrnehmung berechtigter rechtlicher Interessen ging und er gerade als höchster Repräsentant des Staates Art, Adressaten und Inhalts seines Vorgehens das von ihm selbst stets so hochgehalte Gut der Pressefreiheit ausreichend respektiert und beachtet hat.

Wenn die Sachverhalte und Fakten geklärt sind, wie dies von der Öffentlichkeit und den Politikern gefordert wird, ausreichend geklärt sind, sollten und können sie beurteilt sowie Konsequenzen gezogen und Forderungen gestellt werden.
Auch ich sehe, daß es für den Bundespräsidenten eng geworden ist. Er hat zusätzlich dazu beigetragen, indem er die Herstellung der notwendigen Transparenz immer hinausgezögert und verweigert hat.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele