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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Marcel B. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Marcel B. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Ströbele,

ich gehe davon aus, dass Ihnen als ein der taz lange verbunder Mensch die wirtschaftliche Problematik kostspieliger Abmahnungen für kleine und kleinste Medien bekannt ist. Während die Kosten äußerungsrechtlicher Auseinandersetzungen für große Medien vergleichsweise leicht wegzustecken sind, können die Kosten äußerungsrechtlicher Auseinandersetzungen kleine und kleinste Medien leicht ruinieren.

In den Medien wurde kürzlich berichtet, dass ein der taz nicht unbekannter Anwalt in Ihrem Auftrag mit dem Instrument einer kostenpflichtigen äußerungsrechtlichen Abmahnung gegen einen Blogger vorgegangen ist.

Diesbezüglich stellen sich mir zwei Fragen:

1. Warum haben Sie in diesem Fall zum Instrument einer kostenpflichtigen Abmahnung gegriffen?

2. Wie beurteilen Sie das Instrument kostenpflichtiger äußerungsrechtlichen Abmahnungen insgesamt? Sehen Sie diesbezüglich gesetzlichen Änderungsbedarf und wenn ja, welchen? Sehen Sie beispielsweise Gefahren des Missbrauchs von Abmahnungen durch so etwas wie einen äußerungsrechtlichen Einschnürungseffekt von finanzschwachen Menschen durch eine finanzstärkeren Seite? Sehen sie Missbrauchsgefahren durch Abmahnungen aus finanziellen Motiven? Befürworten Sie politische Initiativen, um gegebenenfalls einen Einschnürungseffekt kostenpflichtiger äußerungsrechtlicher Abmahnungen zu verringern?

Mit freundlichen Grüßen
Marcel Bartels

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Bartels.

Kostenpflichtige Abmahnungen sind nur kostenpflichtig, wenn sie zu Recht erfolgen. Deshalb gehört es nicht nur zu den journalistischen Sorgfaltspflichten, sondern auch zur Fairness vor der Veröffentlichung einer Nachricht, wenn irgend möglich, dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, damit nicht versehentlich Unrichtiges verbreitet wird. Wenn der Blogger mir, bevor er den Artikel ins Netz gestellt hat, rechtzeitig die mich betreffenden Behauptungen und den Zeitpunkt der geplanten Veröffentlichung mitgeteilt hätte, hätte ich die Chance gehabt, Stellung zu nehmen. Dies aber ist nicht geschehen.
Eine Gefahr des Mißbrauchs von kostenpflichtiger Abmahnungen sehe ich. Deshalb wird bereits versucht, gesetzgeberisch durch eine drastische Begrenzung der Kosten von Abmahnungen im wettbewerbsrechtlichen Bereich gegenzusteuern. Ich unterstütze eine möglichst weitgehende Regelung. Auch im äußerungsrechtlichen Bereich wäre ich für eine solche Begrenzung. Ich bin dagegen, daß über Kosten ein "Einschnürungseffekt" bei Finanzschwachen bewirkt wird.
Das war im vorliegenden Fall auch nicht meine Absicht, wie ich in meiner Stellungnahme klargestellt hatte. Der Blogger und seine Finanzkraft waren und sind mir völlig unbekannt.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele