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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Friedrich G. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Friedrich G. bezüglich Jugend

Sehr geehrter Herr Bundestagsabgeordneter,

wie ich aus dem unten verlinkten Blog entnommen habe, haben Sie kürzlich ein 13-jähriges Kind, das beim Angeln Fische anlocken wollte und versehentlich Ihre Frau mit Fischfutter am Kopf getroffen hatte, aufgrund "vorsätzlicher, gefährlicher Körperverletzung" angezeigt. Hierzu habe ich einige Fragen, da ich glaube, dass dieser Vorfall einiges über ihr Rechtsverständnis als Rechtsanwalt und Ihre Haltung gegenüber Kindern offenbart. Gerade von einem Bundestagsabgeordneten darf man auch in einer solchen Situation mehr Contenance erwarten.

1. Wie geht es Ihrer Frau? Ich hoffe, dass sie keine ernsthaften Verletzungen davongetragen hat.

2. Sie und Ihre Frau sind offensichtlich in einer gesperrten Zone des Gewässers geschwommen. Glauben Sie nicht, dass Sie daher selber Schuld an diesem Unfall tragen, indem Sie nicht darauf geachtet haben, wohin Sie schwimmen.

3. Sie wollten ein strafunmündiges Kind vor das Gericht zerren. Als Rechtsanwalt sollten Sie eigentlich wissen, dass dies nicht zulässig ist. Die Anklage wurde jedoch (zum Glück) nicht zugelassen. Glauben Sie, dass Sie überreagiert haben?

4. Werden Sie sich bei dem Kind für Ihre Reaktion entschuldigen, nachdem nun ein Gericht festgestellt hat, dass der Vorwurf des Vorsatzes in keinem Fall haltbar ist?

In Erwartung Ihrer Antwort verbelieb ich

Mit freundlichen Grüßen

Friedrich Großmann

P.S. Der Link zum Artikel: http://www.heddesheimblog.de/2011/11/22/bundestagsmitglied-christian-strobele-grune-zeigte-13-jahrigen-heddesheimer-an/

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Großmann.

Meiner Frau geht es inzwischen gut. Danke für die Nachfrage.
Es gab kein gesperrtes Gebiet. Der See war am Ufer frei zugänglich. Baden soll nicht erlaubt gewesen sein. Bei der Polizei zeigte man sich verwundert darüber, daß dort ein Badeverbot bestehen soll.
Ich wollte kein Kind vor Gericht zerren. Wir haben das Jugendamt aufgesucht, damit der Junge der mit der Zwille geschossen hatte, erzieherisch belehrt wird. Über das konkrete Alter des Jungen wurden wir erst durch die StA informiert.
Es hat keine Zeugenbefragung stattgefunden. Deshalb wurde auch nicht geprüft, ob der Junge mit Vorsatz gehandelt hat.

Meine Anmerkung zum konkreten Geschehen füge ich an:
Wir waren im Urlaub Schwimmen im See. Meine Ehefrau war weiter raus geschwommen, während ich drei Jungs zugeschaut habe. Einer hat geangelt. Die beiden anderen amüsierten sich mit einer Zwille bzw. Schleuder. Sie schossen senkrecht in die Luft und in die Laubbäume. Ich vermutete mit Kieselsteinen. Sie schossen auch Richtung See, aber ins Wasser draußen vor dem Angler. Für mich unerwartet richtete und spannte der erheblich größere Junge (ca. 13 – 15 Jahre alt) plötzlich die Zwille in seinen Händen in die andere Richtung, aus der meine Ehefrau herangeschwommen kam. Zu meinem Entsetzen schoß er die Zwille ab. Meine Ehefrau, die noch etwa 20 bis 30 m vom Ufer entfernt war, schrie auf und faßte sich an die Stirn. Als ich sah, daß sie weiterschwamm, stürmte ich an Land, um die die beiden Jungs zur Rede zu stellen. Einer zeigte mir eine helle orangene Kugel vor und behauptete, mit einer solchen habe er geschossen. Ich kannte solche Kugeln nicht. Sie war schwer und fest und fühlte sich an wie ein massives Plastikgeschoß. Der Junge gab an, mit der Kugel sollten Fische anlockt werden.
Meine Ehefrau war inzwischen an Land gekommen. Sie wies auf die Stelle am Kopf, wo sie von vorne getroffen wurde – wenige Zentimeter vom Auge entfernt. Sie klagte über starke Kopfschmerzen. Diese hielten noch viele Tage an.
Die beiden Jungs zeigten sich uneinsichtig und versuchten das Tun damit rechtfertigen, daß Baden an dieser Stelle des Sees nicht erlaubt sei. Ich habe die Zwille als Tatwerkzeug an mich genommen, Es war eine offensichtlich fabrikgefertigte. Wir fuhren damit sofort zum Jugendamt der Stadt, damit dem Schützen amtlich klar gemacht werde, daß es so nicht geht. Von dort wurden wir aber an die Polizei verwiesen, weil die Mitarbeiter nichts machen könnten, wenn nicht Anzeige erstattet sei. Ich brachte meine Frau zur Polizei. Sie erstattete Anzeige und gab den Vorfall zu Protokoll. Ich holte derweil meine Schwester ab, mit der wir eigentlich verabredet waren. Die Zwille wurde bei der Polizei abgegeben und ist von dort wohl wenige Tage später an den Eigentümer ausgehändigt worden. Von einem Badeverbot an dem Rand des Sees war bei der Polizei nichts bekannt.
Die Staatsanwaltschaft teilte einige Zeit später mit, das Verfahren sei eingestellt, weil der Schütze 13 Jahre alt war.
Es war ein unerfreuliches Urlaubserlebnis mit jetzt noch mal höchst unerfreulichen Folgen.
Ich lege weiter Wert auf den Schutz meiner Privatsphäre vor allem, wenn auch andere mir nahe stehende Menschen betroffen sind.

Zum Lachen war mir nach dem Zwillenschuß am See nun wirklich nicht. Daß Schüsse mit den harten Presskugeln ins Gesicht gefährlich sind, dürfte doch nicht mehr streitig sein. Ich habe ja durchaus mit den Jungs geredet, aber sie haben nicht akzeptiert, daß ihr Tun auch dann falsch ist, wenn ein Badeverbot bestand. Wir haben es deshalb für richtig gehalten, daß dem Schützen dies nochmal von einer neutralen Person klargemacht wird. Deshalb sind wir sofort danach – nicht nach 2 Tagen – zum Jugendamt gefahren – Es ging doch nicht um Bestrafung sondern dort ein erzieherisches Gespräch zu führen.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele