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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Bernhard D. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Bernhard D. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Ströbele,

Ich muß Ihnen leider zwei Fragen stellen und fasse mich daher möglichst kurz.
Frage 1:Auf Ihrer Internetseite ist ein Interview mit der TAZ zu sehen in welchem sie sagen: "Kein Krieg. Krieg als Mittel der Politik will ich nicht, nicht im Kosovo und nicht in Afghanistan. Bündnisverlässlichkeit und Vertrauen bei unseren verbündeten Nachbarn muss es auch ohne Kriegsbereitschaft geben." Wenn Sie nun Krieg und Gewalt ablehnen, wieso haben sie dann Anfang der achtziger Jahre eine Sammlung für Waffen für Aufständische in El Salvador massiv unterstützt? Zweitens: In einer Anfrage an die Bundesregierung schreiben sie: "immer wahrscheinlicher wird, dass Ziel der Operation "Geronimo" in der pakistanischen Stadt Abbottabad nicht die Festnahme von Osama Bin Ladens, sondern dessen Tötung außerhalb eines Kriegsgebietes sowie außerhalb eines bewaffneten Konflikts war, die einer völkerrechtswidrigen sowie damit extralegalen Hinrichtung gleichkäme" Wieso liegt Ihnen das Schicksal eines Massenmörders mehr am Herzen als die Situation der Menschen in Darfur. Dazu ist auf Ihrer Internetseite überhaupt nichts zu lesen.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Dust.

Sie haben vollkommen Recht. Es gibt viel Unrecht auf der Welt und man müßte viel mehr dagegen tun. Sicher gehören die Verbrechen in Dafur und im Ostkongo auch dazu. Ich bemühe mich auch im Deutschen Bundestag, mehr Engagement in diesen Ländern zu erreichen.
Ich nehme auch an Solidaritätsveranstaltungen teil.
Das heißt aber doch nicht, daß ich illegale Hinrichtungen der Verbündeten Deutschlands in Afghanistan und Pakistan nicht öffentlich kritisieren darf. Dies tue ich nicht aus etwaiger Sympathie für den Getöteten, sondern weil die Würde des Menschen stets Gültigkeit haben muß und jeder Straftäter auch wenn es um schlimmste Verbrechen geht, einen Anspruch auf ein rechtsstaatliches Verfahren hat. Es geht auch um die Glaubwürdigkeit unserer Werte.
Ich bin kein Pazifist. Befreiungskämpfe der Völker in Lateinamerika, Asien und Afrika gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Fremdherrschaft hatte ich als legitim angesehen.
Für die Aufstandsbewegung in El Salvador hatte ich mich engagiert, weil den Kampf gegen mörderische Unterdrückung der Bevölkerung durch die Militärregierung für richtig und gerechtfertigt angesehen hatte. Die Sammlung von Geld für "Waffen für das Volk in El Salvador" wurde begonnen, nachdem sogar der Erzbischof von San Salvador, der sich für die Armen und gegen Unterdrückung eingesetzt hatte, in der Kirche der Hauptstadt am Altar erschossen wurde.

Mit freundlichem Gruß

Ströbele

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Dust.

Etwas verspätet beantworte ich Ihre Anfrage vom letzten Jahr.
Es ist nicht so, daß mir das Schicksal von Bin Laden mehr am Herzen liegt als das der Menschen in Dafur.
Aber Menschenrechte und Gerechtigkeit sind unteilbar. Sie sollen für alle Menschen gelten, für "gute" und "böse."
Das bedeutet, daß Bin Laden nicht ohne Not getötet werden darf, wenn er genauso hätte gefangen genommen und vor Gericht gestellt werden können - und dies schon gar nicht ohne gerichtliche Verurteilung. Inzwischen ist auch von den US-Behörden nicht bestritten, daß er unbewaffnet dem schwer bewaffneten US-Spezialkommando gegenüberstand als er im Schlafzimmer vor seiner Ehefrau erschossen wurde. Ohne weiteres hätte er gefangen genommen und mit dem Hubschrauber abtransportiert werden können, wie die Computer und Materialien, die von den US-Soldaten gesammelt und mitgenommen wurden. Auch in dem UN- Beschluß, der Grundlage der US-Angriffe in Afghanistan war, heißt es "bring to justice" bezüglich der Verantwortlichen für die Anschläge vom 11.9. 2001, d.h. der Gerechtigkeit zuführen.
Selbstverständlich setze ich mich für die Menschen in Dafur ein, damit die
Vertreibung und das Töten endlich aufhört. Die grüne Fraktion hat sich dazu
immer wieder zu Wort gemeldet.

Ich war und bin kein Pazifist. Ich habe die Pazifisten immer hoch geschätzt und mit ihnen politisch zusammengearbeitet. Aber ich habe auch Befreiungsbewegungen gegen unterdrückerische Mordregime geholfen nicht nur in El Salvador. Die FMLN dort hat gegen ein Militärregime gekämpft, das nicht nur die Bevölkerung unterdrückt hat, Bauern von ihrem Land vertreiben und ermorden ließ, sondern auch nicht davor zurückschreckte, den Erzbischof Romero, der sich für die Armen und Unterdrückten eingesetzt hatte, vor dem Altar erschießen zu lassen. Ich hielt den Aufstand dagegen auch mit Waffen für legitim und tue dies heute noch. Das war kein Angriffskrieg einer fremde Macht, sondern Selbstverteidigung und Notwehr. Kein Volk muß sich elementare Grund- und Menschenrechte nehmen und sich unterdrücken lassen, sondern darf sich dagegen zur Wehr setzen. Mit Befreiungsbewegungen war ich deshalb solidarisch in Vietnam, Nikaragua und in El Salvador und habe sie unterstützt.
Dazu stehe ich.
Nach Ende des Bürgerkrieges ist die FMLN inzwischen als stärkste Partei ins Parlament in EL Salvador gewählt worden und der direkt frei gewählte derzeitige Präsident Funes kommt aus ihren Reihen. Aus Befreiungsbewegungen werden zuweilen Regierungsparteien.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele