Frage an Hans-Christian Ströbele von Ralf O. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Ströbele,
Thema: Neue Parteien:
1) Was halten Sie von den Piraten--wäre diese "Partei" für sie ein Bündnispartner? Ich habe den Eindruck, ausser der Netzpolitik und der Idee der internetbasierten Netzdemokratie haben die Piraten inhaltlich bisher noch sehr wenig zu bieten.Es ist auch auffällig, dass sie z.B. von Eberhard Diepgen (CDU) so umworben werden.Seine Aussage ist: Die Piraten sind nette Systemadministratoren und werden unsere demokratischen Parteien noch mal besser vernetzen--aber danach braucht es sie nicht mehr.Wie sehen Sie das? Immerhin kommen die Piraten bei Bundestagswahlumfragen auf eine höhere Stimmzahl als die Linke.Was wären die Minimalpositionen, dass sie mit ihnen koalieren?
2) Ex-BDI-Chef und Ex-IBM-Manager Hans-Olaf Henkel möchte nächstes Jahr seine neue Partei ausrufen. Noch nicht klar ist, wer dazu alles mitzählt. Gemunkelt wird von Hankel bis Sloterdijik bis Sarrazin.Es gibt jede Menge Rundrufe in der Szene und auch Jürgen Elsässer veruscht da Fuss zu fassen.Henkel hat ein Buch geschrieben--haben sie dieses schon gelesen? Ich noch nicht, aber bsiher kenne ich von ihm die Hauptthese, dass Deutschland sich in der EU zu sehr Frankreich unterwirft und man deswegen einen Nordeuro ohne Frankreich brauchen würde.
Henkels Biographie dürfte zumal auch für eine Agenda 2020 sprechen, wie sie schon von Merkel und Steinbrück in den Mund genommen wird, d.h. Ausweitung der Niedriglohnsektoren. Flexibiliserungen des Arbeitsmarktes (Kauder: Wir müssen die Finanzmärkte regulieren und die Realwirtschafdt deregulieren!), Sozialbaabu,etc.Halten sie eine Henkelpartei als realstische Option für die Eurokirse?
Sehr geehrter Herr Ostner.
Die Piraten sehe ich als interessanten Versuch, eine Partei zu werden. Ob diese dann Bündnispartner werden kann, hängt doch davon, welche politischen Inhalte sie glaubhaft vertritt.
Schon jetzt gibt es Forderungen und Ansätze aus den Reihen der Piraten, die ich richtig finde, wie zum Beispiel das NEIN zur Vorratsdatenspeicherung, für das ich schon gefochten und demonstriert habe, als an diese Partei noch niemand gedacht hat. Aber ich habe auch Sympathie für die Forderung nach einer Wende in der Drogenpolitik. Ich habe allerdings bedauert, daß der Vertreter der Piraten die Forderung nach Entkriminalisierung von Hanf und Cannabis - auch eine alte Forderung von mir: Gebt das Hanf frei! - nicht mehr so richtig offensiv vertreten hatte, als er in einer TV-Sendung deshalb erheblich angegriffen worden ist, sondern ziemlich weit zurückgerudert ist.
Ich bin gespannt, welche Antworten die Piraten zu wichtigen Fragen finden, wie Lösung der Bankenkrise, Rettung von Staaten der EU vor Insolvenz, Kriegseinsätzen, der neuen NATO-Strategie oder der Scherungsverwahrung und den Verfassungsschutzämtern.
Die angeblich geplante Parteigründung von Olaf Henkel ist weniger interessant. Seine Biografie habe auch ich nicht gelesen.
Hinter den Parteigründungsthesen stehen wohl antiquierten Positionen wie Lohndrückerei, Sozialabbau, das Zurück zu nationalstaatlichem Denken, und wenn Sarrazin noch dabei ist die offene Fremdenfeindlichkeit. Das ist nichts Neues. Das hatten wir alles schon und haben es noch auch in etablierten Parteien.
Nein, eine realistische Option zur Lösung der Euro-Krise sehe ich darin nicht.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele