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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Tobias H. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Tobias H. bezüglich Frauen

Sehr geehrter Hr. Stöbele,

aufmerksam habe ich Ihre Anmerkung zur Rede seiner Heiligkeit Benedikt 16., der am 19. April 2005 zum Papst gewählt wurde, gelesen. Dazu habe ich zwei Rückfragen:

1) Sie schreiben, daß seine Heiligkeit die "falsche Sexuallehre" korrigieren solle.

Frage: Wie soll seine Heiligkeit dies tun? Die Lehre der Kirche wird im "Konsensprinzip" durch die ökumenischen Konzilien festgelegt, an denen die Vertreter der 1.200.000.000 Katholiken der Welt teilnehmen. Oder meinen Sie, daß seine Heiligkeit dies "Diktatorisch" festlegen solle? Aus gutem Grund, hat noch kein Papst jemals die "Unfehlbarkeit" in Anspruch genommen (außer einmal zu Stellung Mariens in der Kirche).

2) Wann ist eine "Sexuallehre" falsch? Wie Sie sicher wissen, wurde letztes Jahr Hr. Harald zur Hausen mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. Er hatte bei Prostituierten festgestellt, daß Frauen mit häufig wechselnden Geschlechtspartnern ein viele hundert Male erhöhtes Risiko haben, an Gebärmutterhalskrebs - der häufigsten Krebserkrankung bei Frauen - zu erkranken. Gerade wurde festgestellt, daß sich seit 1980 die Brustkrebsrate VERDOPPELT hat. Dies steht im Einklang mit den Nebenwirkungen der Pille, die bei lang andauernder Einnahme (ab 8 Jahren) das Krebsrisiko steigen lässt.

Frage: Warum soll seine Heiligkeit so viele Frauen in den Tod schicken, indem er häufige Wechsel von Partner oder mit dramatischen Nebenwirkungen behaftete Verhütungsmittel erlaubt?

3) Die katholische Kirche geht davon aus, daß jeder Mensch ein Sünder ist. Jeder Priester, jeder Bischof und der Papst treten in jeder Messe vor die Gemeinde und bekennen, daß sie Sünder sind und große Schuld auf sich geladen haben.

Frage: Wenn die Kirche die Sündigkeit jedes Menschen - incl. aller Menschen, die einen Dienst in der Kirche wahrnehmen - anerkennt, warum sollte es verrückt sein, wenn diese Menschen den Papst beklatschen, der doch daran erinnert hat, daß wir die Wahl und Freiheit haben?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Heinz.

Keine schlechte Idee, daß die Lehre der katholischen Kirche von den Vertretern der 1,2 Milliarden Katholiken festgelegt wird. Nur ist das leider Wunschdenken. So demokratisch ist die innere Ordnung der katholischen Kirche nicht. Die Lehre der Kirche wird vom Vatikan und von den Konzilien im Vatikan festgelegt, denen der Papst vorsteht und in denen die Bischöfe und Kardinäle sitzen. Diese sind aber nicht die Vertreter der Gläubigen. So weit ich weiß, werden sie nicht von diesen gewählt oder in anderer Weise legitimiert, sondern allein vom Papst ausgesucht und ernannt. Würden sie von den Gläubigen gewählt, wären die meisten Kirchenfürsten wohl andere und auch die Lehre anders. Der Heilige Vater hätte sehr wohl zumindest einen Diskussionsbeitrag zur Änderung der katholischen Sexuallehre abgeben können - ex cathedra oder wie auch immer.

Sie spielen wohl auf das Dogma der "unbefleckten Empfängnis Marias" von 19ten Jahrhunderts an, auch ein Beispiel einer eigenartigen Sexualmoral. Wie wurde 1854 Jahre nach der Schwangerschaft Marias festgestellt, daß sie "unbefleckt" empfangen hatte?

Die von Ihnen angeführten Statistiken sind mir nicht bekannt. Bekannt und anerkannt aber ist, daß das Verbot der katholische Kirche, Kondome zu benutzen, entscheidend dazu beigetragen hat, daß Millionen Menschen erkrankten und in Ländern Afrikas ganze Generationen dezimiert wurden, weil die Menschen, die diesem Verbot gefolgt sind, an Aids und anderen Geschlechtskrankheiten gestorben sind. Übrigens auch der Gebrauch der Pille könnte durch den von Kondomen ersetzt werden.

Es mag ja sein, daß Priester, Bischöfe und der Papst, daß alle in Sünde leben. Nur diesen verweigert die katholische Kirche nicht die Sakramente. Offensichtlich wird das allgemeine Sündenbekenntnis derer nicht so ernst genommen und bleibt ohne kirchliche Konsequenzen, ganz anders als bei gleichgeschlechtlichen Beziehungen und solchen aus geschiedenen Ehe.
Wie kommen Sie, der Papst und die katholische Kirche eigentlich darauf, daß Geschiedene, die neu verheiratet sind, in Sünde leben?

Mit freundlichem Gruß

Ströbele