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Hans-Christian Ströbele
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Maximilian B. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Maximilian B. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Ströbele,
Ein großer Teil des politischen Engagements der Grünen und insbesondere ihrer Person finde ich gut, und dennoch kann ich mich nicht überwinden, grün zu wählen. Zum einen ist es die Niedriglohnpolitik, die mit Grün in Regierungsverantwortung losgetreten wurde. Ein nachhaltig unsozialer Schritt, den sich nicht einmal die Konservativen zu gehen getraut hatten. Und der aus meiner Sicht sogar zur Destabilsierung der Eurozone beigetragen hat, indem der Druck auf Staaten, die sich dem Sozialabbau verwehren wollten, anwuchs. Sehen Sie in der damals gestarteten Niedriglohnpolitik heute einen Fehler oder erachten Sie diese als eine richtige Entscheidung?

Aus dieser Erfahrung heraus haben Sie vielleicht Verständnis für mein Misstrauen. Wieivel soziales Verantwortungsgefühl steckt in den Grünen wirklich? Ich habe da mal eine kleine Frage an Sie: Angenommen, es wäre politisch möglich, festzulegen, dass Fleischprodukte nur noch unter strengen ökologischen Richtlinien erzeugt werden dürfen. Richtlinien, die eine Massentierhaltung und damit Massenversorgung wie heute unmöglich machen. Würden sie zur Durchsetzung einer solchen Entscheidung
a) in Kauf nehmen, dass sich infolge gestiegener Erzeugerkosten und Angebotsverknappung der Fleischpreis drastisch erhöht, sodass Fleisch zu Luxusartikel vermögender Personen wird. (das ökologische Ziel wäre damit erreicht). Oder würden Sie
b) eine solche Regelung nur dann bewilligen, wenn gesichert wird, dass der Zugriff auf Fleisch nicht vom Einkommen des Konsumenten abhängt. Denkbar zum Beispiel durch einen künstlich niedrig gehaltenen Fleischpreis, Limitation des Angebots durch Warenknappheit. Zugang durch Vorbestellung, Beziehungen, Tauschgeschäfte etc. (der Zustand, den jeder DDR-Bürger als Mangelwirtschaft erlebt hat).
c) Ihnen fällt eine andere Lösung des Problems ein?

Bin auf Ihre Antwort gespannt. Sie hilft mir vielleicht besser zu begreifen, wie die Grünen ticken

Dank im Voraus für Antwort

Max Blum

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Blum.

Es ist wohl so, daß die die Agenda von Rot/Grün auf, auf die der ehemalige Kanzler Schröder heute noch so stolz ist, zur Ausbreitung des Niedriglohnes und unsozialer Leiarbeitsverhältnisse in Deutschland beigetragen hat. Auch weil in den Hartz IV-Gesetzen eine sozial vertretbare Grenze der Höhe des Lohnes für die Arbeit fehlte, die Arbeitslose verpflichtet werden anzunehmen, habe ich und einige andere Grüne bei der Endabstimmung zu Hartz IV mit NEIN gestimmt. Inzwischen haben die Grünen dazugelernt, fordern einen Mindestlohn und grundlegende Reformen der Hartz IV Regelungen.
Sie können also die Grünen also als auch sozial ausgerichtete Partei getrost wählen.

Mit dem Essen von Fleisch ist das so eine Sache: Ich esse es so gut wie nie. Der auf mich entfallende Teil kann also auf andere verteilt werden. Ich bin auch der Meinung, die meisten Menschen in Europa essen zu viel Fleisch. Das ist nicht gesund und führt zur grausamen unverantwortlichen Massentierhaltung. Henri Quatre hat in Frankreich als Wohlstandsziel mal damit geworben: Mettre la poule o pot le dimanche, also jeden Sonntag ein Huhn sich gönnen können! Täglich Fleischmassen bei jedem im Kochtopf müssen nun wirklich nicht sein. Jeder der Fleisch ist sollte sich einmal im Jahr persönlich live ansehen, wie seine Leckerbissen heute in den Ställen der Massentierhaltung vegetieren und wie sie geschlachtet werden. Dann würde vielen das viele Fleischessen vergehen. Für den verbleibenden Teil dieses zweifelhaften Eßvergnügens würde das Geld reichen.
Wenn denn Fleischverzehr überhaupt sein muß, würde weniger Verbrauch, die Bezahlung des Fleisches von artgerecht gehaltenen Tieren auch durch Geringverdiener möglich machen. Das wäre in jeder Hinsicht die bessere sprich menschlichere und tiergerechtere Lösung.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele