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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Andreas L. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Andreas L. bezüglich Finanzen

Mainaschaff, 14.08.2011
Sehr geehrter Herr Ströbele,

Das von der Bundesregierung ausgehandelte Abkommen mit der Schweiz schützt Steuersünder durch den nachfolgend fettgedruckten Satz, der Bestandteil des Abkommens ist, vor der Strafverfolgung in Deutschland.

„Beteiligte an einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit, die vor Unterzeichnung dieses Abkommens begangen wurde, werden nicht verfolgt",

Dies stellt m.E. eine Art Ablasshandel mit Steuerhinterziehern dar und der Staat bzw. der Gesetzgeber leistet damit quasi Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Gleichzeitig ist es eine zynische Verhöhnung aller steuerehrlichen Bürger und untergräbt die Moral einer Gesellschaft. Wie moralisch verwahrlost ist eine Gesellschaft und deren Justiz, die keine Skrupel hat die Vernichtung von Existenzen für rechtens zu erklären, ( siehe: die bekannten Entlassungen von Arbeitern/innen und Angestellten wegen geringfügiger Verfehlungen am Arbeitsplatz) und die dieses Gesetz sicher ohne Bedenken anwenden würde und wohl auch müsste. Ich hätte gerne gewusst, wie Ihrer Haltung zu diesem Gesetz ist, ob Sie dies unterstützen oder ob Sie dies als Rechtsanwalt für nicht Verfassungskonform halten.

Vielen Dank für Ihre Antwort im Voraus

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Lehnert

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Lehnert.

Ihren Unmut verstehe ich und kann ich nachvollziehen.

Aber der Strafanspruch des Staates ist nicht absolut.
Er kann darauf und die Strafverfolgung verzichten wegen Geringfügigkeit zum Beispiel oder mit Rücksicht auf vermeintlich wichtigere Interessen. Das sehen Gesetze für den Einzelfall ausdrücklich vor.
Es gibt auch die Möglichkeit von Amnestiegesetzen, von der in Deutschland allerdings viel weniger Gebrauch gemacht wird als in anderen Ländern. Solche Amnestien können sich auf bestimmte Straftaten beziehen etwa auf "Demonstrationsdelikte" wie Ender der 60ziger Jahre. Sie können auch schwere Straftaten ausnehmen. Verfassungswidrig ist das nicht, wenn es gerecht zugeht, das heißt, gleiche Sachverhalte müssen gleich behandelt werden.
Es hat auch immer wieder Steueramnestien gegeben. Diesen lag meist die Überlegung zugrunde, daß so der Staat wenigstens einen Großteil der Steuern einnimmt, die ihm zustehen. Nach dem Motto, ein Teil ist besser als nichts. Allerdings sind die Erwartungen, daß sich Steuerhinterzieher dann scharenweise melden, meist nicht aufgegangen.
Ob solche Amnestien von der Bevölkerung getragen werden, entscheidet diese bei der nächsten Wahl.

Ich sehe es grundsätzlich als Fortschritt an, daß jetzt auch mit der Schweiz vereinbart werden konnte, wie deutsche Steuerflüchtlinge für die Vergangenheit und in Zukunft zur Kasse geben werden. Schon die nun fälligen Zahlungen, die die Schweiz an den deutschen Fiskus zahlen soll, sollen in die Milliarden Euro gehen. Damit wird ein Loch halbwegs gestopft, durch das Milliarden legaler und illegaler Gelder immer wieder abgeflossen sind. Nicht zuletzt durch meine Arbeit im CDU-Parteispenden-Untersuchungsausschuß weiß ich von solchen Praktiken.

Kritisch sehe ich allerdings die Höhe der vereinbarten Steuersätze. Ich setze mich dafür ein, daß keinesfalls ein Satz fällig ist, der auch in Deutschland von den Banken abzuführen ist.

Die von Ihnen zu Recht angeprangerten Entlassungen von Arbeitnehmern wegen geringer Verfehlungen sind inzwischen auch vom Europäischen Gerichtshof moniert und in einem Musterfall korrigiert worden. Wir sind für eine Gesetzesänderung, die für die Zukunft ausschließt, das es zu solchen Entlassungen kommt.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele