Frage an Hans-Christian Ströbele von Kristin Mara K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Grundrechte in der Arbeit deutscher Nachrichtendienste
Sehr geehrter Herr Ströbele,
lieber Christian
ich bin 19 und Schülerin der 13. Jahrgangsstufe am Oberstufengymnasium „Alfred-Delp-Schule“ in Dieburg und habe mich für eine verfassungsrechtliche Präsentationsprüfung im Fach Politik und Wirtschaft entschieden, welche demnächst ansteht. Mir wurde im Hinblick auf mein bevorstehendes Studium der Rechtswissenschaften, die Aufgabe gestellt, mich mit der Frage auseinander zu setzen, welche Bedeutung die Einhaltung der Grundrechte in der Arbeit deutscher Nachrichtendienste besitzt.
Meine Präsentation ist bereits fertig. Für mich war die Thematik komplettes Neuland. Die Ausarbeitung des Themas fand ich ziemlich interessant und ich freue mich nun auf meinen Vortrag im Abitur. Bei der Erarbeitung des Themas bin ich regelmäßig auf Sie und Ihre Aufgaben als Mitglied des PKG gestoßen. In der Theorie habe ich die Funktion des PKG verstanden, jedoch habe ich kaum eine praktische Vorstellung vom PKG und habe insofern offene Fragen:
Wie wird die Geheimhaltung beim PKG in der Praxis sichergestellt?
Wie muss man sich die Abläufe vorstellen?
Hat die Art und Weise dieser Praxis Auswirkung auf die Qualität der Kontrolle?
Wenn Sie alleine zu entscheiden hätten, was würden Sie dann an der bisherigen Praxis ändern?
Würden Sie etwas am Verfassungsschutzbericht ändern?
Haben Sie darüber hinaus andere, aus Ihrer Sicht wichtige Änderungs-Interessen?
Es wäre ein kleines Highlight für mich, wenn ich Sie für ein telefonisches Kurzinterview bzgl. dieser 6 Fragen gewinnen könnte. Könnten Sie mich oder darf ich Sie dazu telefonisch befragen? Ich könnte Sie anrufen oder Sie mich. Wann gäbe es auf Ihrer Seite ein geeignetes Zeitfenster dafür? Für Ihr Bemühen bedanke ich mich im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Kristin Mara ( Küchler )
Liebe Kirstin Mara.
Nur wenigen solcher Wünsche mit der Bitte um Hilfe bei Haus-, Seminar-, Magister- oder Doktorarbeiten kann ich nachkommen. Es sind zu viele, die ich als Rechtsanwalt, Zeitzeuge oder Abgeordneter jede Woche erhalte.
Hier meine Antworten:
- Die Geheimhaltung im Parlamentarischen Kontrollgremium für die Geheimdienste wird sichergestellt dadurch, daß wir geheim in einem abhörsicheren Raum tagen, nicht mitschreiben, die Akten in der Geheimschutzstelle aufbewahrt werden und das Gesetz Geheimnisbruch unter Strafe stellt.
- Der Ablauf ist so, daß für die Bundesregierung mündlich berichtet wird, die Abgeordneten alles abfragen und Unterlagen nur in der Geheimschutzstelle gelesen werden können.
- Die absolute Geheimhaltung schadet der Wirksamkeit der Kontrolle, denn eine Kontrolle durch die Öffentlichkeit fehlt weitgehend. Wir können aus erkannten Fehlentwicklungen, Fehlern und Skandalen keine konkreten Konsequenzen im Parlament oder in der Öffentlichkeit durchsetzen, weil wir mit niemanden über unsere Erkenntnisse reden dürfen.
- Ich würde die strenge Geheimhaltung lockern soweit einsichtige und unabdingbare Sicherheitsinteressen dem nicht entgegenstehen.
- Auch der Verfassungsschutzbericht könnte konkretere Sachverhalte und Schilderungen enthalten, da die Erkenntnisse ohnehin ganz überwiegend aus öffentlich zugänglichen Quellen gewonnen werden.
- Wir sollten geheimüberprüfte Mitarbeiter auch in die Sitzungen mitnehmen und unsere Aufklärungsergebnisse zu öffentlich diskutierten Skandalen und Fehlentwicklungen nach den Sitzungen auch öffentlich mitteilen können soweit konkrete Sicherheitsinteressen dem nicht entgegenstehen.
Mit meinem Bundestagsbüro können Sie einen Termin für kurze Nachfragen vereinbaren.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele