Portrait von Hans-Christian Ströbele
Hans-Christian Ströbele
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Hans-Christian Ströbele zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Thomas E. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Thomas E. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Ströbele,

zum Thema Scharfschützen in Afghanistan haben Sie sich gegenüber dem "Spiegel" am 29.03.2011 wie folgt geäussert:

"Ich befürchte, dass die Kriterien für die Auswahl von Zielpersonen, auf die mit tödlicher Wirkung geschossen werden darf, zumindest unzureichend klar festgelegt sind und dass deshalb die Gefahr besteht, dass auf an Feindseligkeiten unbeteiligte Zivilisten geschossen wird."

Meine Frage: Glauben Sie wirklich, dass ein Parlamentsentschluss oder eine ministerielle Direktive etwas daran ändern, ob ein Mensch in einer Gefechtshandlung vom Gegenüber als Bedrohung (und mithin als Ziel militärischer Gewaltanwendung) wahrgenommen wird?

Daran anschliessend die Folgefrage:
Wieso meinen Sie den Soldaten vor Ort die Fähigkeit absprechen zu können, auch OHNE "Politsiche Grundsatzentscheidung zum Verhalten des Einzelschützen im Gefecht" zwischen legitimen Zielpersonen (Angreifern) und unbeteiligten Zivilisten unterscheiden zu können?
Es ist nämlich durchaus "nicht" so, dass alle EInsatzsoldaten möglichst viele Afghanen töten wollen, wissen Sie?

mit freundlichen Grüßen,
Thomas Eissing

Portrait von Hans-Christian Ströbele
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Eissing.

Es geht nicht darum, daß das Parlament Richtlinien oder Kriterien für die Bundeswehr in Afghanistan zur Auswahl von Personen festlegt, die von Scharfschützen ins Ziel genommen und erschossen werden. Die Bundesregierung und die ihr unterstellten Kommandeure der Bundeswehr tragen die Verantwortung für den Einsatz. Sie bestimmen die Direktiven und Kriterien, nach denen operiert wird.
Aufgabe des Parlaments und damit auch meine ist es, die Bundesregierung und das Vorgehen der Bundeswehr zu kontrollieren und erforderlichenfalls auf Korrekturen der Regeln und der Praxis der Einsätze hinzuwirken.

In Wahrnehmung meiner Aufgaben bemühe ich mich schon mit mehreren Parlamentarischen Anfragen aufzuklären, nach welchen Kriterien, Scharfschützen die Zielpersonen auswählen, auf die sie gerade außerhalb von Gefechtssituationen lauern und in 800 bis 1000 Meter Entfernung tage- und nächtelang warten. Der STERN berichtete von einem Scharfschützen, der mit Unterstützung von zwei weiteren Soldaten am Straßenrand im Grase verborgen liegend so eingesetzt war.
Da stellt sich doch die Frage, wie aus solcher Entfernung ein Aufständischer erkannt und als Zielperson ausgewählt wird, etwa nach Fotos aus einer Liste oder nach Kleidung. Wie wird sichergestellt, daß es sich um einen feindlichen Angreifer und nicht um einen harmlosen Bauern oder Passanten handelt?
Bisher ist die Bundesregierung dem Kern der Frage ausgewichen und hat immer nur auf Einsätze in Gefechtssituationen hingewiesen.
Ich aber will wissen, ob auch Scharfschützen der Bundeswehr doch - entgegen allen Beteuerungen der Bundesregierung - zum gezielten Töten von vermeintlichen Anführern der Taliban außerhalb von Gefechtssituationen nach Listen der ISAF eingesetzt werden, wie dies US-Einheiten mittels Drohnenangriffen und Spezialkommandos praktizieren.

Sie scheinen sich auszukennen. Vielleicht können Sie zur Aufklärung beitragen.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele