Frage an Hans-Christian Ströbele von Peter K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Lieber Herr Ströbele,
ich freue mich, dass die konsequente Glaubwürdigkeit der Grünen nunmehr auch in einer breiteren Wählerschicht Akzeptanz gebracht hat. Und wir sehen am Beispiel der plötzlichen Kehrtwende unserer derzeitigen Regierung in Sachen Atomausstieg, dass aktuelle Ereignisse große Veränderungen bewirken können. So wird auch viel über eine angemessene Politik in der Lybien-Krise diskutiert. Es lässt sich trefflich darüber streiten, ob der NATO-Einsatz berechtigt bzw. zweckmäßig ist, oder nicht, ob man sich daran beteiligen sollte, oder lediglich an einem späteren humanitären Einsatz (so wie in Afghanistan, um es dann Jahre später endlich "Krieg" zu nennen), ober überhaupt nicht. Unabhängig von der Beantwortung dieser Frage muss man aber doch erkennen, dass es keine perfekte Lösung gibt. Das Kind ist schon viel früher in den Brunnen gefallen. Deshalb befremdet es mich sehr, dass in der gesamten Bundespolitik niemand mal auf die Idee kommt, auch hier auf ein aktuelles Ereignis mit einer Kehrtwende oder wenigstens mit lautem Nachdenken über Veränderungen zu reagieren. Alle wissen doch, dass in Wirklichkeit die Frage nach den Waffenexporten gestellt werden muss. Deutschland wird sich den Atomausstieg leisten können. Denn es ist nunmehr der Wille dafür da. Deutschland wird sich ebenso gut den Ausstieg aus den Waffenexporten leisten können, nur fehlt hier der Wille. Man muss realistisch sein, ein völliger Stopp von Waffenexporten ist nicht durchsetzbar. Aber könnte man nicht wenigstens die Exporte auf NATO- und EU-Staaten beschränken? Das wäre doch ein Ansatz, den wenigstens eine Partei wie die Grünen vertreten könnte. Doch ich habe das Gefühl, dass bei diesem Thema quer durch die Bank eine Mauer des Schweigens besteht. Meine Frage an Sie lautet: woran liegt das? Ist das die Macht der Waffenlobby? Werden die Grünen dieses Thema aufgreifen, gibt es eine konkrete Initiative?
Herzliche Grüße, Peter Klein
Sehr geehrter Herr Klein.
Ein eindeutiges JA. Das Problem ist längst erkannt. Besonders der demokratische Aufbruch in den Ländern Nordafrikas und in den Golfstaaten rückt Waffenexporte wieder mal ins Zentrum des Interesses. Schließlich haben solche Exporte aus Europa und den USA mit dazu beigetragen, daß die Despoten und Diktatoren, gegen die sich die neuen Demokratiebewegungen richten, so lange an der Macht halten konnten. Wir werden das Thema "Verbot von Waffenexporten" verstärkt wieder aufnehmen und haben es auch schon getan.
Ich selbst habe an einem Antrag mitgewirkt, der gerade erst im Bundestag eingebracht wurde, nach dem Genehmigungen von Waffenexporten durch die Firma Heckler & Koch konsequent ausgesetzt werden sollen. Die Firma stellt Kleinwaffen her. Ein Renner ihrer Produktion ist das Präzisionsgewehr G36. Dieses soll an mexikanische Unruhestaaten trotz ausdrücklichen Verbots durch den Bundessicherheitsrat geliefert worden sein und tauchte auf Propagandafotos in den Händen von Gaddafis Sohn aber auch an osteuropäischen Kriegsschauplätzen auf.
Außerdem hat die grüne Fraktion eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung zu "aktuellen Entwicklungen in der Rüstungsexportpolitik" eingereicht. Vor allem arbeiten wir an einer parlamentarischen Initiative, die das Thema umfassender Regeln soll. Ich selbst unterstütze die Kampagne: "Stoppt den Waffenhandel".
Auch andere Parteien wie Linke und SPD sind zu dem Thema aktiv. So hat die SPD im März den Antrag "Mit Transparenz und parlamentarischer Beteiligung gegen die Ausweitung von Rüstungsexporten" eingebracht und die Linke den Antrag "Alle Waffenexporte des Oberndorfer Kleinwaffenherstellers verbieten".
Sie sehen, wir bleiben dran. Das Argument gegen solche Verbote, damit würden Arbeitsplätze in der Waffenindustrie gefährdet und wenn wir nicht liefern, kommen die Waffen woanders her, überzeugen uns nicht
Mit freundlichem Gruß
Ströbele