Frage an Hans-Christian Ströbele von Ruth L. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Ströbele,
vorab herzlichen Dank, dass Sie zu den Fragen auf Abgeordnetenwatch immer ausführlich Position beziehen!
Mich beunruhigt zunehmend eine - subjektive - Beobachtung, die ich auf Grund des Themas auch Ihrem Kollegen im Rechtsausschuss, Herrn Kauder gestellet habe, nämlich dass bei vielen Bürgern und Medien anscheinend ein Gewöhnungseffekt in Bezug auf Verfassungsbrüche eingetreten ist, insofern die Meinung existiert "War ja klar - was soll man machen - was gibt es sonst Neues?". Wenn Gesetze vom Bundesverfassungsgericht kassiert werden, kann ich mir dies noch teilweise erklären, da auch das BVerfG nicht immer 8:0 entscheidet - also auch bei den Richtern verschiedene Einschätzungen bestehen.
Es gibt aber auch - aus meiner Sicht - eindeutige Fälle, dazu drei Beispiele :
- die Abwahl des ZDF-Chefredakteurs Bender wurde von 35 Staatsrechtlern als Verfassungsbruch bewertet - geändert hat diese Bewertung nichts.
- das BVerfG hat laut einem Report Mainz - Bericht vom 21.09.2010 Fraktionszulagen - abgesehen vom Fraktionsvorsitzenden - für verfassungswidrig erklärt, da sie die Freiheit des Mandats beeinträchtigen - in 14 Bundesländern, u.a. auch im Saarland unter dem evt. künftigen Verfassungsrichter Müller, werden diese Zulagen - laut dem Bericht - trotzdem weiter gezahlt.
- der rheinland-pfälzische Justizminister Bamberger hat in verfassungsverletzender Weise versucht, den Präsidenten des OLG Koblenz zu ernennen - er bleibt aber Justizminister.
Meine Frage lautet daher : Welche Möglichkeiten sehen Sie, Verfassungsbrüche zu verhindern, anstatt sie nur im Nachhinein festzustellen und zur Tagesordnung überzugehen ?
Mit freundlichen Grüßen,
Ruth Lieser