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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Angelika H. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Angelika H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Ströbele,

sie antworteten der Schülerin T. vom 9.3.2011 zur Flüchtlingspolitik der EU, dass diese falsch sei, weil z.B. seit Jahrhunderten Menschen auswanderten, um in der Ferne Sicherheit und Wohlstand zu finden. Wie ich das sehe, verließen Polen im 19. Jhdt. ihre Heimat, um im Ruhrgebiet Arbeit und Brot zu erhalten, Türken kamen in den 60-er Jahren nach Deutschland, um Armut zu entgehen und Arbeit und Entlohnung zu bekommen. Zehntausende Nordafrikaner warten jetzt in Flüchtlingslagern bzw. vor den Toren Europas.
Meine Fragen an Sie: 1. Wo sollten Ihrer Meinung nach plötzlich Tausende Afrikaner untergebracht werden ?
2. Wie hoch schätzen Sie pro Tausend Wirtschaftsasylanten die Unterbringungs-und Verpflegungskosten?
3. Würden Sie diese Menschen wieder abschieben wollen und wann?
Angelika Hörner

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Frau Hörner.

Sie haben recht. Viele Menschen aus Polen sind beispielsweise ins Ruhrgebiet eingewandert oder aus der Türkei und haben hier Arbeit und Lohn gefunden. Aus der Türkei kamen auch Flüchtlinge wegen politischer Verfolgung in Ihrer Heimat. Aber Hundertausende sind aus Deutschland auch ausgewandert und derzeit verlassen jedes Jahr Deutschland mehr als herkommen.

Die Flüchtlinge aus Afrika, die derzeit über das Mittelmeer nach Europa kommen unter Risiken für Leben und Gesundheit sollten zunächst Gelegenheit bekommen, in Europa politisches Asyl zu beantragen. Das kann im Ankunftsland geschehen oder in einem europäischen Land, in das sie weitergeleitet werden wie z.B. Deutschland. Außerdem könnte noch auf afrikanischem Boden eine Stelle eingerichtet werden, in dem die Flüchtlinge Asyl beantragen könnten, bevor sie die gefährliche Bootsreise über das Meer antreten. In einem ordentlichen Verfahren ist dann zu klären. Ob ein anerkannter Fluchtgrund vorliegt.

Darüber hinaus sollte eine legale Einwanderungsmöglichkeit nach Europa geschaffen werden für Menschen, die aus Not ihr Heimatland verlassen oder nach Europa einwandern wollen, um hier Arbeit und Brot zu finden. Entsprechend den Aufnahmemöglichkeiten Europas sollte Einwanderung möglich gemacht werden. Die Migranten werden dann auf die europäischen Länder verteilt.

Schon heute wandern Hundertausende nach Europa ein häufig illegal. Andere Länder in Afrika, Lateinamerika oder Asien, die viel weniger reich und weniger wirtschaftlich stark sind, haben viel mehr Flüchtlinge aufgenommen und untergebracht als Europa. Wenn wir mehr legale Einwanderungsmöglichkeiten schaffen, nehmen wir Schleusern und Menschenhändlern die Profitmöglichkeit und ersparen den Migranten und Flüchtlingen Erniedrigung und Leiden. Gesteuerte Einwanderung ist möglich, nötig, gerechter und human. Sie kann illegale Einwanderung erheblich mindern und sogar verhindern.

Zu 1. Tausende von Menschen sind auch in den letzten Jahrzehnten nach Deutschland gelangt und haben eine Unterkunft gefunden - selbst oder mit Unterstützung von Freunden oder Behörden. Das wäre Ankommenden aus< Afrika auch möglich.

Zu 2. Kosten für die öffentliche Hand lassen sich nicht schätzen, denn die hängen davon, wieviele selbst unterkommen und Arbeit finden. Viele Kosten entstehen der Gemeinschaft dadurch, daß Flüchtlinge und Zuwanderer häufig lange nicht arbeiten und sich nicht selbst eine Unterkunft suchen dürfen.

Zu 3. Zwangsweise abschieben gegen ihren Willen will ich Flüchtlinge und Eingewanderte grundsätzlich nicht.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele