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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Wolfgang M. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Wolfgang M. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Ströbele,

in einer der letzten Ausgaben des "stern" wurde anhand von Beispielsrechnungen der Nachweis erbracht, dass Beamte aufgrund ungleicher steuerlicher Behandlung im Vergleich zu Arbeitnehmern aus der freien Wirtschaft enorme Gehalts - und vorallem auch Ruhestandsgehaltsvorteile genießen. Aus einer konkreten Rechnung etwa geht hervor, dass sich die Summe der Vorteile bei gleichem Bruttogehalt über 40 Berufsjahre gerechnet auf ca. 270.000 € beläuft.
Dies bedeutet doch, dass Beamte steuerlich und was ihre Pensionen anbelangt enorme Privilegien genießen. Bezahlen muss das der Bürger, dem - so er arbeitet - letztlich immer weniger zum Leben bzw. zur Vorsorge oder für den eigenen Nachwuchs bleibt.

Sehen Sie hier nicht den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt?
Was gedenkt ihre Partei hiergegen zu tun?

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Moser

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Moser,

Eine bessere Behandlung von Beamten im Vergleich mit Angestellten gibt es wohl.
Insbesondere im Bereich der Altersversorgung haben kürzlich neue Untersuchungen des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) gezeigt, dass das Altersvorsorgevermögen von Beamten höher ist als bei vergleichbaren Angestellten.
Allerdings sollen die Zahlen im Stern etwas übertrieben sein, da in dem Rentenniveau von 48% nicht die bei Angestellten vorhandenen Betriebsrenten und Zusatzrenten enthalten sind, die Beamten nicht haben, und weil das Rentenniveau der aktuellen Rentner noch über den genannten 48% liegt.
Außerdem erreichen die Beamtenbezüge in vielen Bereichen nicht die Höhe, die für vergleichbare Tätigkeiten in der Privatwirtschat gezahlt werden. Ein Beispiel ist der Bereich der Finanzverwaltung, in der das Gehaltsniveau bei gleichwertiger Ausbildung deutlich unterhalb der privatwirtschaftlichen Steuerberatung liegt.
Falsch ist auch, bei Beamten von steuerlichen Vorteilen zu sprechen. Im Gegenteil werden die Pensionen schon heute voll versteuert, während Renten von Menschen, die dieses Jahr in Rente gehen, nur mit einem Anteil von 62% der Einkommensteuer unterliegen. De facto bedeutet dies, dass momentan die meisten Rentner keine Einkommensteuer zahlen, Pensionäre aber schon, wodurch sich die Unterschiede im Rentenniveau auch wieder etwas nivellieren. Bis zum Jahr 2040 wird bei der Besteuerung aber eine Gleichbehandlung herbeigeführt. Dann unterliegen auch Renten zu 100% der Einkommensteuer. Bis zu diesem Zeitpunkt sollten daher auch Reformen im Pensionssystem erfolgen.

Ich hatte ich mich schon 1986 auf einem Beamtenkongreß für die Abschaffung des Berufsbeamtentums eingesetzt, weil ich dieses nicht mehr für zeitgemäß halte. Allenfalls noch in wenigen staatlichen Kernbereiche scheint mir die Verbeamtung noch sinnvoll. Dadurch würde die Gleichbehandlung in Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst erreicht.

Die Grünen befürworten grundsätzlich eine Gleichbehandlung von Arbeitnehmern und Staatsdienern gerade bezüglich der Altersversorgung. Werden das Alimentationsprinzip und die verfassungsrechtlich garantierten Grundätzen des Berufsbeamtentums aufgegeben, dann müssen auch Konsequenzen bei den Beschränkungen der Staatsdiener gezogen werden, z.B. beim Streikrecht. Das heißt, auch die heutigen Beamten erhalten dann das volle Streikrecht.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele