Frage an Hans-Christian Ströbele von Dietmar S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Ströbele,
im folgenden verlinkten Artikel geht es um "Deutsche Zustände", so heißt die von Wissenschaftlern unter Leitung des Bielefelder Soziologen Wilhelm Heitmeyer erstellte große interdisziplinäre Langzeitstudie, die in diesem Monat in ihrer neunten Auflage veröffentlicht wurde. Was Heitmeyer und seine Kollegen über die Befindlichkeiten der Deutschen herausfanden, ist im höchsten Maße alarmierend.
So ist von einer "deutlichen Vereisung des sozialen Klimas", von einer "rohen Bürgerlichkeit", und von einem "zunehmenden Klassenkampf von oben" die Rede. "Zivilisierte, tolerante, differenzierte Einstellungen in höheren Einkommensgruppen scheinen sich in unzivilisierte, intolerante Einstellungen zu wandeln" - es gäbe Hinweise auf eine "entsicherte wie entkultivierte Bürgerlichkeit", so die Wissenschaftler.
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33857/1.html
Dies ist auch m.E. höchst alarmierend!
Was unternehmen Sie persönlich und ganz konkret in der nächsten Zeit als Abgeordneter, um dieser bedrohlichen Entwicklung entgegenzuwirken?
MfG
Ein Oberpfälzer
und sehr besorgter Bürger
Sehr geehrter Herr Schmutzer.
Die von Ihnen genannten Ergebnisse der Langzeitstudie kann ich so nicht bestätigen. Meine Wahrnehmungen sind andere.
Aber unabhängig davon, wen wundern solche Zustände und solches Denken, wenn wir eine Regierung haben, die die deutsche Politik ganz frech und offensichtlich nach den Profiten der Großbanken und der Großunternehmen ausrichtet und die Gesetze, die Geldinstitute mit Geldsegen aus Steuermitteln versorgen, gleich von diesen und ihren Anwälten schreiben läßt. Und gleichzeitig verweigert man Arbeitslosen und Hartz-IV-Empfängern eine angemessene Versorgung und auch nur die Anpassung ihrer Bezüge an die Lebenshaltungskosten.
Das zentrale Problem scheint mir die Glaubwürdigkeit der Politik und der führenden Politiker. So tun die von Union und SPD tun, als wären sie immer schon gegen die Nutzung der Kernkraft gewesen und versuchen, sich an die Spitze der Bewegung zustellen, der Außenminister erscheint als wandelndes schlechtes Gewissen und der Wirtschaftsminister, wenn er mal die Wahrheit spricht, dementiert sofort und belügt den Bundestag. Da werden die Bürgerinnen und Bürger unruhig, vielleicht auch intolerant, aber doch nicht entsichert und entkultiviert, was immer das sein mag. Wie jetzt bei den Wahlen reagieren sie mit mehr Wahlbeteiligung und Abwendung. Ich kann daran nichts Unzivilisiertes finden.
Was tun und was unternehme ich persönlich. Ich bemühe mich, den Kontakt zur Bevölkerung zu halten, wenn es auch zuweilen mühselig ist, und das zu sagen, was ich für richtig halte, und entsprechend zu handeln. Hört sich banal an, ist aber manchmal gar nicht so einfach.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele