Frage an Hans-Christian Ströbele von Sylvia S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Herr Ströbele,
ich möchte gern meinen Erfahrungsbericht mit den Auswirkungen des Zuwanderungsgesetzes weitergeben und fragen, ob dies dem Zweck des Gesetzes entspricht. Ich habe meinen Mann (Chilene) am 01.10.2010 in Dänemark geheiratet. Mein Mann musste Deutschland verlassen, um in Santiago de Chile einen Antrag auf Familienzusammenführung zu stellen, der hier in Berlin bearbeitet wird. Seinen Deutschkurs B1 musste er abbrechen. Unser Plan war: Absolvierung der Deutsch-Kurse (Mitte November Abschluss B1). Für Anfang Dezember hatten wir für ihn eine versicherungspfl. Arbeit in Aussicht. In Abendkursen wollte er die Deutsch-Kurse weiterführen (Ziel: Sprachkundigenprüfung). Ziel: Aufnahme eines Studiums, um einen anerkannten Abschluss zu erwerben, Beginn möglichst noch im Frühjahr 2011. Er wollte die Arbeit auf Stundenbasis weiterführen, da er auch noch Unterhaltsverpflichtungen ggü seinem in Berlin lebenden Sohn hat. Aus unserer Sicht haben wir alles unternommen, um eine zeitnahe Integration zu erreichen. Statt dessen sitzt er jetzt in Santiago, wo er keine wirtschaftl. Existenz mehr hat. Er lernt im Selbststudium weiter deutsch. Mit einem strukturierten Unterricht ist das nicht zu vergleichen. Eine SPK bis zum Frühjahr kann er aus meiner Sicht nicht mehr schaffen, d.h. er kann frühestens im Herbst mit einem Studium beginnen. Es ist aber jetzt schon klar, dass im Herbst viel zu wenig Studienplätze vorhanden sein werden. Die Arbeitsstelle ist inzwischen auch weg. Z. Z. sieht es so aus, dass uns diese (unsinnige) Zeit in Santiago mindestens 2 Jahre kosten wird. In unserem Alter (ich 47, er 44) haben wir nicht unendlich Zeit. Wer würde Urlaub in Übersee machen, wenn er weiß, dass die Ausbildung zu finanzieren ist? Ich hatte bisher verstanden, dass das Ziel der Neufassung des Zuwanderungsgesetzes in einer besseren Integration besteht. Habe ich die Zielrichtung falsch verstanden oder wurde sie gezielt falsch dargestellt in der Öffentlichkeit?
Sylvia Schuhmann
Sehr geehrte Frau Schuhmann.
Ihr Erfahrungsbericht zeigt wie unsinnig und intergrationshinderlich die gesetzliche Regelung ist.
Leider kenne ich viele solche Beispiele.
Die Bestimmung, daß der Antrag auf Familienzusammenführung und überhaupt Visa im Ausland bei den deutschen Konsulaten beantragt werden müssen, hat wohl den Sinn, es soll verhindert werden, daß vollendete Tatsachen geschaffen werden durch die Einreise nach Deutschland und die Begründung eines Wohnsitzes hier.
Eine unerträgliche Regelung zu Lasten der Migranten und auf Kosten ihrer neuen Familien.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele