Frage an Hans-Christian Ströbele von Michael B. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Ströbele,
ich stecke momentan in einem Dilemma. Meine juristischen Fachkenntnisse sind etwas überdurchschnittlich, allerdings finde ich auf einige für mich wichtigen Fragen keine Antwort. Vielleicht sind sie als Rechtsanwalt in der Lage mir einige Fragen zu erläutern oder zu beantworten.
1. Ist es möglich einen Gesetzesartikel anzuwenden den es nicht mehr gibt?
2. Wenn ein Gericht feststellt, dass ein Geltungsbereich eines Gesetzes gilt und dieser später durch einen anderen ersetzt wird, gilt dann dieses Urteil noch?
3. Wenn ein Gerichtsurteil auf einen Geltungsbereich verweist und dieser geändert oder aufgehoben wird kann man sich dennoch darauf beziehen?
4. Wenn aufgrund eines Gesetzes ein Land einem Staat beitreten möchte der dieses Gesetz bereits vor dem Beitritt aufgehoben hat, gilt dann der Beitritt dennoch?
5. Wenn ein Staat seinen Geltungsbereich aufhebt und keinen neuen hinzufügt existiert der Staat dann noch?
6. Kann ein Staat ohne Geltungsbereich Verträge aushandeln und unterschreiben?
7. Was wäre zu tun um einen Staat der Aufgrund Nichtorganisisation handlungsunfähig ist wieder handlungsfähig zu machen?
8. Ist ein Gesetz ohne Geltungsbereich noch anwendbar?
Bitte helfen Sie mir bei der Beantwortung dieser Fragen, denn Sie sind sehr wichtig für mich. Für Ihre Mühe möchte ich mich voraus schon herzlich Bedanken.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Bolden
Sehr geehrter Herr Bolden.
Mit Ihren schon fast philosophisch klingenden Fragen wollen Sie vermutlich darauf hinaus, daß das Deutsche Reich fortbesteht und es den Staat Bundesrepublik Deutschland nicht gibt.
Sie wissen sicher, daß ich andere Auffassung bin.
Trotzdem beantworte ich Ihre Fragen.:
Gesetze gibt es, solange sie im Gesetzblatt stehen. Gesetze werden angewandt, solange sie nach dem Text, der im Gesetzblatt veröffentlicht ist, Geltung haben.
Das Urteil eines Gerichts ist gültig, wenn es rechtskräftig ist. Wenn das zuständige Gericht den Geltungsbereich eines Gesetzes festlegt und rechtskräftig ist, gilt dies. Wenn der Geltungsbereich durch dem richtigen Gesetzgeber geändert wird, ist das Gerichtsurteil obsolet oder überholt, hat also keine Rechtswirksamkeit mehr.
Dann kann man sich auf das Gerichtsurteil auch nicht mehr beziehen.
Die Möglichkeit des Beitritts eines Landes zu einem Staat wird durch eine Verfassung geregelt nicht durch ein Gesetz.
Der Vollzug eines Beitritts bedarf in der Regel der Zustimmung der Bevölkerung oder der dazu legitimierten Volksvertretung. Wenn die Verfassungsbestimmung aufgehoben wird, kann sie nicht mehr angewandt werden.
Ein Staat kann einen Geltungsbereich nicht aufheben, sondern allenfalls das dafür legitmierte Organ eines Staates kann dies.
Ein Staat kann keine Verträge aushandeln, sondern allenfalls das dazu legitimierte Organ eines Staates kann dies.
Ein Staat der nicht handlungsfähig ist, kann handlungsfähig werden, in dem staatliche Organe geschafen werden, die legitim für ihn wirksam handeln können.
Ein Gesetz ohne Geltungsbereich ist nicht anwenbar.
Viel Vergnügen.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele