Frage an Hans-Christian Ströbele von Christoph T. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Ströbele,
im Wahlprogramm 2005 der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN heißt es:
"Die klassischen Methoden müssen sich der Herausforderung durch die komplementärmedizinischen Diagnose- und Therapieformen, wie Homöopathie und Anthroposophie stellen; nicht die Herkunft sondern die Qualität einer Methode berechtigt zur Aufnahme ins Versorgungsangebot.
Wir wollen Anreize schaffen, verkrustete und ineffiziente Strukturen im Gesundheitswesen aufzubrechen. Die Rechte der Patientinnen und Patienten wollen wir stärken, ihre Selbstbestimmung und Selbstorganisation besser absichern und den Zugang zu Informationen verbessern."
Meine beiden Fragen an Sie lauten:
1. Sind Sie für Wahrhaftigkeit und gegen Lügen und Irreführungen in der deutschen
Medizinwissenschaft, resp. im deutschen Gesundheitswesen?
2. Würden Sie sich als Bundestagsabgeordneter persönlich für eine inhaltliche Gesundheitsreform einsetzen, in der die Medizinwissenschaft, insbesondere in den wissenschaftlichen Gesundheitsbehörden, der Wissenschaftlichkeit, der Pflicht zur
Wahrhaftigkeit und Überprüf- und Nachvollziehbarkeit verpflichtet werden?
Zum Beispiel im Hinblick auf die Beweisbarkeit und Therapie von sogenannten "Infektionskrankheiten" sowie die Beweisbarkeit des Nutzens konventioneller Krebstherapien.
Mit freundlichen Grüßen, bis morgen
Christoph Trautmann
Sehr geehrter Herr Trautmann,
vielen Dank für Ihre Frage an Herrn Ströbele. Er hat mich gebeten, Ihnen zu antworten.
Sie thematisieren mit Ihren beiden Fragen ein wirklich spannendes und umstrittenes Problem, nämlich die sehr begrenzte Reichweite von wirklich fundiertem Wissen, hier am Beispiel der Medizin. Ich glaube, dass jede und jeder, der entweder selbst oder dessen enge Angehörige von einer lebensbedrohlichen Krankheit wie z.B. Krebs betroffen ist, früher oder später auf das Problem stößt, dass die Schulmedizin zwar mit umfassendem Anspruch auf Kompetenz auftritt, eine Prüfung daraufhin, was wirklich beweisbares Wissen darstellt, aber schnell enge Grenzen aufzeigt. Viele Empfehlungen der Schulmedizin sind genauso hypothetisch wie Empfehlungen alternativer Therapieverfahren. In diesem Sinne sind die von Ihnen zitierten Sätze im Programm gemeint.
Ihre erste Frage lässt sich in Bezug auf Herrn Ströbele nur mit einem klaren
Ja beantworten.
Dies gilt im wesentlichen auch für die zweite Frage; Herr Ströbele wird Initiativen in diese Richtung unterstützen.
Ich füge den Nachsatz hinzu, um das Missverständnis vermeiden, dass Herr Ströbele, der ja zentral Rechtspolitiker ist, selbst zur treibenden Kraft im Themenfeld Medizinpolitik wird. Angesichts der zitierten Sätze im Programm scheint mir das auch nicht notwendig zu sein. Treibende Kraft kann er nur dort sein und ist er auch bereits, wo es eine Schnittstelle zwischen Medizin und Rechtspolitik gibt: dies sind die Gutachten. In viele Gutachten geht nämlich die oben angesprochene Problematik ein; es werden Betrachtungen als „wissenschaftlich“ über Gutachten ins Rechtssystem eingeführt, die genauso gut gerade umgekehrt hätten ausgesagt werden können.
Hier auf den Boden des wirklich Beweisbaren zu kommen, ist Herrn Ströbele schon lange ein Anliegen.
Mit freundlichen Grüssen
Dietmar Lingemann