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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Barbara U. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Barbara U. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Ströbele
Ich weiß nicht, ob Sie die Meldung gelesen haben, dass die BVG in Berlin wild plakatiert.
http://www.bz-berlin.de/aktuell/berlin/bvg-plakatiert-wild-in-berlin-article984690.html

Gilt das Graffiti- Bekämpfungsgesetz nicht für alle?
Wie soll ich als Pädagogin den Jugendlichen ein Rechtsempfinden vermitteln, wenn eine Institution Strafantrag gegen Jugendliche stellt und selbst die gleichen Straftaten begeht?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Uduwerella.

Ein "Graffiti-Bekämpfungsgesetz" gibt es nicht. Außerdem wäre es nicht einschlägig, denn Klebezettel sind keine Graffitis.
Angeblich zur wirksameren Graffitibekämpfung an fremden Gebäuden und Bahnen wurde nach jahrelanger Diskussion der Paragraph ( § 303 )zur Bestrafung der Sachbeschädigung im Strafgesetzbuch geändert und verschärft. Danach stieg die Zahl der Graffitis etwa in Berlin stark an. Ich habe im Bundestag dagegen gestimmt.
Das Strafgesetzbuch ist ein allgemeines Gesetz und gilt selbstverständlich für alle, auch für öffentliche Stellen und öffentliche Verkehrsbetriebe. Bei den Berliner Verkehrsbetrieben müßten Verstösse sogar noch disziplinische Folgen haben über die Strafbarkeit hinaus.

Aber ob das Aufkleben von Handzetteln unter die Strafvorschrift fällt, kann nur im konkreten Einzelfall beurteilt werden. Es kommt darauf an, wie schwer der Zettel das Gesamtbild des beklebten Gegenstandes oder der Mauer verändert und wie leicht er zu entfernen ist.
Außerdem müsste bei der BVG in Berlin geklärt werden, ob das Bekleben von fremden Gegenständen und Gebäuden geplant und gewollt und zumindest billigend in Kauf genommen worden ist.
Wiederum selbstverständlich wird eine verbotene Handlung wie Sachbeschädigung nicht deshalb legal, weil sie der kommerziellen Werbung dient. Außerdem haben Sie Recht mit der Feststellung, daß es gar nicht so einfach ist, Kinder und Jugendliche vom Bekleben von Tischen und Wänden abzuhalten, wenn städtische Einrichtungen Bekleben als Werbemittel einsetzen. Das ist so ähnlich beim Alkohol. Einerseits wird für Biertrinken auch im öffentlich rechtlichen Fernsehen ständig geworben - angeblich ist Fußball gucken nur schön mit Hasselröder oder einer anderen Biermarke -, andererseits sollen Sie den Jugendlichen beibringen, daß sie kein Bier trinken sollen. So verlogen ist unsere Gesellschaft eben.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele