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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Rainer H. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Rainer H. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Stöbele,

Deutschland hat für den Fond der EU für schwächelnde EU-Länder, wie aktuell Griechenland, ca. 140 Mrd. als Garantie zugesichert.
Deutschland hat alleine der HRE Garantien in Höhe von 102 + 40 Mrd. zugesichert.
Beides wurde, soweit ich mich errinnern kann, vom Bundesrat und Bundestag verabschiedet.

In 2008 oder 2009 wurde eine Schuldenbremse für Bund, Länder und Kommunen eingeführt und im GG festgeschrieben.

Garantien sind so etwas wie Bürgschaften, bei denen man davon ausgehen muss, dass sie auch mal eingelöst werden.
Nur mal angenommen die Gläubiger von Griechenland und ggf. weiterer maroden Ländern oder auch Geschäftspartner der HRE bestehen morgen auf die Einlösung der Bürgschaften.
Dann müßte Deutschland 140 Mrd. € bezahlen.

Nun meine Fragen:
Wie würde sich dieses Szenario mit dem GG (Schuldenbremse) vereinbaren oder würden dann alle sozialen Transfers (Arbeitslosengeld, Hartz4, Kindergeld, usw.) eingestellt, damit die Regierung nicht gegen das GG verstößt?
Wie können Politiker solche Garantien abgeben, wohlwissend, dass die Zustimmung im Regressfall nachträglich zu einem Verstoß gegen das GG führt?
Wer haftet bei so einem Verstoß gegen das GG (die Politiker, die solchen Garantien zugestimmt haben)?
Wie haften die Verantworlichen (was sind die Konsequenzen der einzelnen)?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Hoppenstedt.

Ihre Frage vom 17.9. 2010 sollte eigentlich schon am 19.9. 2010 beantwortet sein, so meldet jedenfalls mein PC. Aber eine Recherche der offenfragen hat ergeben, daß die Antwort nie ankam:
Deshalb schicke ich sie noch mal mit einer kleinen Ergänzung von jetzt::

Sie weisen zutreffend auf ein dunkles Kapitel deutscher Parlaments- und Demokratiegeschichte hin.

Aber die Abgeordneten des Deutschen Bundestages aus Union, SPD und FDP haben es für richtig gehalten, das Parlament zu entmachten und sich von dessen wichtigstem Recht, dem Budgetrecht zu verabschieden, also dem zur Entscheidung über die Ausgaben des Bundes zu entscheiden.
Der Deutsche Bundestag hatte im Oktober 2008 beschlossen, pauschal mehr als 400 Milliarden Euro für die Bankenrettung zur Verfügung zu stellen. Wenn sonst über jede Ausgabe des Bundes der Deutsche Bundestag intensiv berät oder entscheidet, entscheidet jetzt, immer wenn es um die Unterstützung der deutschen Großbanken aus Steuermitteln geht, letztlich der Bundesfinanzminister mit den von ihm berufenen Beraterorganen allein.
Lediglich neun der über 600 Abgeordneten des Deutschen Bundestages eines geheim tagenden Gremiums werden über die Garantien, Bürgschaften und Kredite aus Steuermitteln informiert. Sie müssen alles, was sie erfahren geheim halten. Aber auch dieses Geheimgremium hat nicht etwa ein Recht zu entscheiden oder mitzubestimmen. Im Bundeshaushalt tauchen die Milliarden für die Banken nicht auf, weder die Gesamtsumme, noch die einzelnen Beträge, die schon als Kredite oder Garantien zur Verfügung gestellt wurden. Dafür gibt es diese Art Nebenhaushalt, über den der normale Bundestagsabgeordnete nicht informiert wird.

Ich habe in einer Reihe von parlamentarischen Anfragen versucht, von der Bundesregierung Informationen über die Bedingungen und Auflagen zu erhalten, unter denen die Gelder zur Verfügung gestellt werden. Die Antworten werden mit Hinweis auf das Geschäftsgeheimnis der Banken verweigert. Wir wissen nur, daß angeblich 192 Milliarden Euro bisher ausgereicht wurden, davon 142 Milliarden an die Hypo Real Estate. Beharrlich verweigert wird aber nach wie vor, ob mit der Hingabe von Krediten und Garantien - etwa Auflagen zur Höhe von Boni und Extrazahlungen an Spekulanten der geförderten Banken - oder dazu, ob Spekulationsgeschäfte weiter mit Steuergeldern betrieben werden dürfen.
So wußten die Abgeordneten auch nichts über die 25 Millionen, die, wie jetzt bekannt wird, als Boni von der HRE an Mitarbeiter ausgeschüttet wurden.

Nicht anders ist es mit den Hilfen für notleidende EU-Staaten wie Griechenland.
Dazu hat der Deutsche Bundestag im Frühjahr diesen Jahres Pauschalsummen im mehrstelligen Milliardenbereich bereitgestellt, über deren Verwendung die Bundesregierung ohne das Parlament entscheidet und ohne daß die Gelder im Haushalt auftauchen.
Offenbar geht die Bundesregierung davon aus, daß die Riesensummen, daß die Großbanken oder EU-Staaten zur Verfügung stehen, daß also die Garantien und Kredite nicht fällig werden und deshalb nicht unter die Schuldenbremse fallen. Wenn dies doch des Fall ist, können wir die Schuldenbremse vergessen. Dann wird es vollends dunkel. Die bisher gegebenen Kredite und Garantien sind schon jetzt höher als der halbe Gesamthaushalt des Bundes, also für Sozialleistungen, Besoldung, Rentenzuschüsse usw.
Eine einklagbare juristische Haftung von Politikern oder sonstigen Verantwortlichen gibt es nicht. Allenfalls eine politische.
Wie Regierung und Abgeordneten diese Nebenhaushalte sehenden Auges und wissentlich abgeben konnten, müssen Sie die Verantwortlichen fragen.
Die Grünen haben dagegen gestimmt und immer wieder gefordert und Anträge gestellt, das Parlament an den Entscheidungen über alle Kredit- und Garantievergaben zu beteiligen und damit die Parlamentsrechte wiederherzustellen.

"Am 13. April dieses Jahres hat die Bundesregierung auf eine Frage von mir zu HRE geantwortet:
Der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung SoFFin gewährte HRA zur Refinanzierung und zur Beschaffung von Liquidität ein Garantievolumen von insgesamt 142 Mrd. Euro. Hiervon zog die HRE zum 30.9. 2010 Garantien von 124 Mrd. Euro. Mit der Übertragung der Vermögenspositionen von rund 173 Mrd. Euro zum 1. Oktober 2010 gingen sämtliche SoFFin-Garantien auf die FMS Wertmanagement über. Mitte dieses Jahres konnten diese Garantien in voller Höhe zurückgegeben werden und durch eigene Emissionen der FMS Wertemanagement ersetzt werden. Es gab hierbei weder Inanspruchnahme des SoFFin noch Abschreibungen.

Na dann ist ja alles in Butter, könnte man meinen.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele