Frage an Hans-Christian Ströbele von Carl H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Herr Ströbele,
"es gibt eine ganze Reihe ähnlicher Positionen" (mit der Linkspartei) sagten Sie laut "Stern".
In der Zeit vor der Wahl muss dies als eine koalitionsaussage-ähnliche Behauptung gelten.
Daraufhin hält Bütikofer dies für eine "wenig sinnvolle" Meinung.
Der Wähler muss nun glauben: die Katze ist aus dem Sack. Oder?
Sehr geehrter Herr Hansen,
Herrn Ströbele dankt Ihnen für Ihre Frage und hat - angesichts vielfacher weiterer Aufgaben - mich um Beantwortung gebeten.
Der Wähler und die Wählerin sind klug genug zu verstehen, daß "keine Katze aus dem Sack ist" und daß Herrn Ströbele mit der Feststellung einiger inhalttlicher Ähnlichkeiten zur Linkspartei - bei vielen vielen Unterschieden - keineswegs eine Koalitionsaussage treffen wollte und konnte. Hieran ändern auch - durch Wahlkampf-Nervosität bedingte - Überinterpretationen Dritter oder mancher Medien nichts.
Koalitionsaussagen werden durch die zuständigen Parteigremien statt durch einzelne Angeordnete getroffen und können erst im Lichte des vorliegenden Wahlergebnisses fixiert werden.
Programmatische Ähnlichkeiten zwischen Grünen und Linkspartei festzustellen, ist nicht allein Herrn Ströbele vorbehalten; er spricht dies nur gelassen aus. Vielmehr kann jeder Nutzer des dieser Tage so beliebten "Wahl-O-Maten", und mag er noch so überzeugter Grünwähler sein, feststellen, daß ihm das Programm leicht die Wahl der Linkspartei empfiehlt. Ein Programmierfehler ?
Doch Spaß beiseite : die Linkspartei erscheint viel zu heterogen, von strukturkonservativen Funktionsträgern alter DDR-Prägung durchsetzt, unseriös-populistisch sowie von der PDS majorisiert und hat zudem ihr Verhältnis zur Stasi nicht überzeugend bereinigt, als daß sie kurzfristig als ernsthafter Partner einer Regierungskoalition attraktiv erscheinen könnte.
Daß außerdem entgegen ihrem Programm ihr Spitzenkandidat Lafontaine u.a. mit rassistischen Parolen gegen "Fremdarbeiter", Asylsuchende und pro Polizeifolter durchs Land zieht, verdeutlicht dies und vertieft die Bedenken.
Wo die PDS wie in etwa Berlin und Mecklenburg-Vorpommern mitregiert, sind die Ergebnisse niederschmetternd auch für die PDS-Anhänger : in der praktischen Regierungspoltik verrät sie ihre Programmatik bzw. entlarvt diese als folgenloses Wortgeklingel.
Last but not least : Da die Linkspartei den Realitätstauglichkeitstest ihrer sozialen und politischen Heilsversprechen scheuen muß, will sie in gar keine Regierung, sondern möglichst folgen- und verantwortungslos opponieren. Und in der Opposition gibt es bekanntlich keine Koalition - mit wem auch immer. Auch deshalb sind die Mutmaßungen über Herrn Ströbeles angebliche Intentionen ohne Anlaß.
Schließlich: die Linkspartei ruft öffentlich zur Abwahl von Rot-Grün auf, macht sich also objektiv mit Angela Merkel + Guido Westerwelle bzw. deren entsprechenden Parolen gemein.
Verstehe das wer will ! Welche/r wirkliche und aufmerksame Linke kann solche Annäherung attraktiv finden, um noch sein/ihre Wahlstimme zur Linkspartei wegzuschenken ?
Mit freundlichen Grüßen
i.A. Christian Busold
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Christian Busold
Büro Hans-Christian Ströbele, MdB