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Hans-Christian Ströbele
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Ulli Z. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Ulli Z. bezüglich Finanzen

Hallo Herr Ströbele!

mit Freude lese ich, daß Sie als mitdenkender Abgeordneter weder dem Griechenlandpaket noch dem Euro-´Rettungs´-Paket zugestimmt haben. Enthaltung finde ich aber persönlich zu schwach, eine Gegenstimme wäre mutig gewesen, auch wenn sie damit ´scheinbar´ übereingestimmt hätten mit kritischen Aussenseitern in der CDU/CSU wie Herrn Gauweiler. Denn es ist ja vollkommen legitim, gegen für unser Land und für uns Bürger und Steuerzahler schädliche Gesetze über Parteigrenzen hinweg zu stimmen, auch wenn die Motivation der einzelnen Gegenstimmen vollkommen unterschiedlich ist. Es werde ja auch kaum die GRÜNEN mit Fraktionsrausschmisss gedroht haben, falls einzelne Grüne dagegen stimmen, die Regierungsmehrheit wäre ebenfalls nicht gefährdet gewesen, es wäre eben nur ein klareres Zeichen gesetzt worden.

Frage: stimmen Sie mit mir überein, daß die Titulierung ´Griechenland-Rettung´ oder ´Euro-Rettung´ vollkommener Blödsinn waren, in Wahrheit wurden (wieder einmal) private Assets großer Banken, insbesondere französische Institute waren ganz vorne dabei, aber auch große deutsche Institute, zum Teil sogar verstaatlichte und teilverstaatlichte, so daß man die Gesetze jeweils treffender ´Finanzindustriebeistandsgesetz´ oder ´Finanzindustriebuchwertgarantiegesetz´ hätte nennen können?

Sind Sie bereit, wenigstens gegen die logisch solchen Rettungspaketen folgenden Gesetze, die Steuererhöhungen oder Abgabenerhöhungen für die breite Masse sowie Leistungskürzungen beinhalten, zu stimmen? Denn irgendwo muß das Geld ja herkommen, das man der Finanzindustrie in den Rachen wirft, und zum Teil wurde diese Industrie ja unklugerweise verstaatlicht, der Staat muß also in diesen Fällen so oder so bluten.

Können Sie sich vorstellen, daß man die Eurokrise nicht (wie geplant) durch weitere Ausplünderung der Bürger löst, sondern durch eine systematische Reform, die u.a. wieder eigene, nationale Währungen (bei uns die DM, in Griechenland die Drachme) beinhalten könnte?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Herr Zedler.

Bei der Bewilligung der Bürgschaften und Garantien für Griechendland habe ich im Deutschen Bundestag mit ENTHALTUNG gestimmt, nicht weil ich mich nicht getraut habe, mit NEIN zu stimmen, sondern weil ich zum Ausdruck bringen wollte, daß ich der griechischen Bevölkerung in der Notsituation zwar auch solidarisch zur Seite stehen und helfen wollte, aber eben nicht so, wie von der Bundesregierung vorgeschlagen. Auch mir paßte nicht, daß die Hauptnutznießer dieser Garantien wieder mal die Großbanken sein werden, die deutschen ebenso wie die anderer Länder. Commerzbank und Deutsche Bank hätten im Fall einer Pleite der griechischen Staatsfinanzen zweistellige Euro-Milliardenbeträge verloren. Eine Enthaltung war übrigens eben auch keine Zustimmung und hatte für die Abstimmung über den Antrag der Bundesregierung dieselbe Wirkung wie ein Nein.

Ich stimme mit Ihnen nicht überein, daß nur die Banken von den Garantien profitieren. Die gesamte Bevölkerung Griechenlands hätte noch dramatisch mehr unter den Folgen einer Pleite zu leiden, als dies derzeit ohnehin der Fall ist. Aber es hätte Möglichkeiten gegeben, die Banken nicht zu schonen, aber der Bevölkerung trotzdem zu helfen.

Ich bin auch anderes Auffassung als Sie hinsichtlich der sozialen Kürzungen, die jetzt für Deutschland beschlossen werden sollen. Sie dienen nicht, der Finanzierung der Garantien für Griechenland. Denn bisher geht es hauptsächlich um Garantien für Kredite, die der Staat Griechenland aufnimmt, um liqide zu bleiben, nicht um Finanzhilfen und Geldüberweisungen an Griechenland. Trotzdem halte ich die Kürzungen im Sozialbereich nicht für richtig. Dies gilt ebenso für die einseitigen Erhöhungen der Krankenversicherungsbeiträge. Mit den Grünen will ich eine Bürgerversichung einführen, in die aus allen Einkommen entsprechend ihrer Höhe Beiträge eingezahlt werden, also auch von Beamten, Freischaffenden, Bänkern und Abgeordneten.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele