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Hans-Christian Ströbele
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Michael Wantoch von R. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Michael Wantoch von R. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrter Herr Ströbele,

Ich bin ausdrücklich gegen den föderalistischen Staat, so wie er existiert.

Meiner Meinung nach dient diese ganze Kleinstaaterei nur den pöstchensichernden Politikern und dem Bürokratismus.
Mit den EU - Behörden institutioniert sich mittlerweile ein vierstufiger, lähmender Staatsaufbau.

- die Polizei- und Schulpolitik gehört in die Bundespolitik. Grundsätzlich gibt es in der Landespolitik meist nur zweit- oder drittklassige Politiker, die es nicht auf die bundespolitische Bühne gebracht haben. Solch wichtige Aufgaben wie der Polizei- oder Schulaufbau gehören in die Hände des Bundes, in die Hände unserer (mehr oder weniger) besten Politiker.

- gewaltige Einsparungen durch den Wegfall der Landeinstitutionen und deren ganzen Posten mit Gehältern und Pensionsansprüchen

- viele Bundesländer versuchen sich in Fragen, die eigentlich dem Gemeinwohl unseres Staates dienen, elegant und schmerzfrei aus der Affäre zu ziehen. Siehe den Ankauf einer Steuer - CD durch die baden-würtembergische Landesregierung. Sie ist nicht der Meinung diese CD kaufen zu dürfen. Bayern und Nordrhein - Westfalen lehnen den Kauf mit der Begründung ab schon genug für den gesamtdeutschen Staatssäckel getan zu haben.

- Hessen lehnt die Einstellung von weiteren, dringend benötigten Steuerfahndern ab, da deren Erfolge nur zu einem geringen Teil dem hessischen Landeshaushalt zufließen. Es ist ein Problem dass jedes Land eine Finanzverwaltung hat, die zum größten Teil Bundesmittel verwaltet.

- Durch die Wahl in NRW werden wichtige bundespolitische Entscheidungen aufgeschoben. Es herrscht Dauerwahlkampf.

Mich interessiert Ihre Meinung und (falls nicht deckungsgleich) die der Grünen.
Ich lasse mich auch gerne eines Besseren belehren.

Mit freundlichem Gruß
Michael Wantoch von Rekowski

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Wantoch von Rekowski.

Ihre Auffassung gegen den föderalen Staat Deutschland teile ich nicht. Schlechte Politik und Politiker gibt es auch zu Hauf auf Bundesebene. Woher, wenn nicht aus den Ländern sollen immer wieder neue gute Leute kommen, die zunächst in den kommunalen- und Landesparlamenten das politische Handwerk gelernt und sich dort bewährt haben.

Man kann ja darüber streiten, welche Kompetenzen die Länder und welche der Bund haben sollen, man kann dies auch immer mal wieder ändern, wie zuletzt im Zuge der letzten Föderalismusreform, aber die Bundesrepublik Deutschland ist nun mal ein Bundesstaat und das ist gut so.
Aus den Ländern ist die Bundesrepublik entstanden. Gewachsene regionalen Besonderheiten können am Besten im föderalen Aufbau der Bundesländer zur Geltung kommen. Kleinere Verwaltungseinheiten auf Länder- und kommunaler Ebene können bürgernäher gestaltet und die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger so erleichtert werden. Kultur-, Schul- und Hochschulpolitik kann so eher auch Tradtionen, Erfahrungen, Gewohnheiten und Interessen der Bevölkerung vor Ort Rechnung tragen. Die Polizei- und Justizhoheit der Länder steht Allmachtsphantasien im Zentralstaat entgegen. Manche Neuerungen und Fortschritte der Politik wurden zunächst in einzelnen Ländern ausprobiert. Nicht nur rot/grüne Koalitionen, sondern auch Alternativen zur Energie- und Atompolitik.
Ob kleine Länder wie das Saarland oder Stadtstaaten wie Hamburg, Bremen und Berlin eigene Bundesländer sein muß oder ob Steuereinziehung Ländersache sein müssen, kann man bezweifeln, aber der föderale Aufbau des Bundestaates Deutschland sollte grundsätzlich bewahrt bleiben, auch wenn er vielleicht etwas mehr Geld kostet.

Auch Die Grünen wollen die bundesstaatliche Ordnung nicht abschaffen.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele