Frage an Hans-Christian Ströbele von Michael B. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Ströbele,
da Sie nicht nur Politiker sondern auch Anwalt sind, werden Sie sich in folgendem Thema sicher gut auskennen.
In den letzten Wochen geht´s in der Presse beim Thema Straftaten „hüh und hott“. GLEICHZEITIG waren alle diese Aussagen zu lesen: „Rechte Straftaten sind gestiegen“, Rechte Straftaten sind gesunken“, „Linke Straftaten sind gestiegen“, Linke Straftaten sind gesunken“. Ich frage mich jetzt, was sind eigentlich aus Sicht von Politik und Justiz in Deutschland „Rechte Straftaten“? Geht die Definition über den/die Täter/in oder über das Opfer? Können in Deutschland nur ethnische Deutsche per Definition „Rechte Straftaten“ begehen oder auch Migranten und Ausländer? Gut, wenn ein Glatzkopf mit SS-Zeichen an der Jacke „Juden raus“ brüllt es ist es offensichtlich. Aber wenn sich z.B. ein Türke und ein Armenier bzgl. des Völkermordes an den Armeniern streiten und der Türke den Armenier schlägt, geht das dann als „Rechte Gewalt“ mit in die Statistik? Was wäre wenn der Armenier den Türken schlägt geht das dann als „Linke Gewalt“ in die Statistik ein? Was ist wenn ein Rechtsextremer Streit stiften will und das Zeichen der „PKK“ an ein Haus malt? Geht dann das Zeichen als „Linke Straftat“ oder der Täter als „Rechte Straftat“ in die Statistik?
Das ZDF berichtet in der Sendung „Frontal21“ über türkische Organisation „Graue Wölfe“, die als rechtsextreme türkische Organisation gilt, die sich massiv in Deutschland ausbreitet.
Hier ein Link zum Video:
http://www.youtube.com/watch?v=_Z9LEc4qM1I
Wie werden Straftaten dieser Gruppe klassifiziert? Sind das „normale Straftaten“ oder „Rechte Straftaten“?
Freundliche Grüße
Michael Bartsch
Sehr geehrter Herr Bartsch.
Sie haben Recht. Rechte Straftaten können auch von Menschen ausländischer Herkunft begangen werden. Dies geschieht leider auch immer wieder und auch von Menschen, die z.B. aus Armenien, arabischen Staaten, Rußland oder auch aus der Türkei zugewandert sind. Die Einordnung von poltischen Straftaten geschieht also nicht nach der Staatsangehörigkeit oder ethnischen Zugehörigkeit von Täter und Opfer, sondern nach der polititischen Intention, die dahinter steht. Diese wird in aller Regel mehr der Tat selber entnommen, also den Tatumständen und Äußerungen im Zusammenhang mit der Tat. Auch die Person von Täter und Opfer können bei der Beurteilung eine Rolle spielen, etwa ob sie bestimmten politischen Organisationen zugeordnet werden können. Staatsangehörigkeit oder ethnische Zugehörigkeit können eine Bedeutung haben, aber keineswegs stets und entscheidende. Die Gesamtschau aller Erkenntnisse führt dann zur Einordnung. Zuweilen ist die Qualifikation schwierig und umstritten. Manchmal wird im Laufe eines Verfahrens auch klar, daß die Einordnung nach dem ersten Eindruck falsch war und korrigiert werden muß. Deshalb sind auch solche Statistiken mit Vorsicht zu gebrauchen.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele