Frage an Hans-Christian Ströbele von Boris S. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Ströbele,
Das Bundesministerium der Verteidigung informiert auf seiner Homepage:
"Der Kampf gegen das terroristische Netzwerk Al-Qaida und gegen die Taliban ist Aufgabe der Operation Enduring Freedom.Mandat und Organisation der Friedenstruppe ISAF sind davon strikt getrennt."
Auf der NATO Homepage werden General McChrystal folgende Posten zugeschrieben:
"Commander, International Security Assistance Force/Commander, United States Forces Afghanistan,
OPERATION ENDURING FREEDOM, Afghanistan".
Atta Mohammad Noor, der zuständige Gouverneur im Bereich des Regionalkommandos Nord, das der ISAF und speziell der Bundeswehr untersteht klagte über den Einsatz von US-Spezialkräften:
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/einewelt/916242/
1. Halten Sie die behauptete Trennung von ISAF und OEF für angemessen?
Am 18.12.09 gab das Bundesverteidigungsministerium bekannt, eine gezielte Tötung von Gegnern sei nicht vom Bundestagsmandat für Afghanistan gedeckt.
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2009-12/mandat-verteidigungsministerium-kundus
Der COM-ISAF-Bericht,der seit Oktober vorlag,informierte über die gezielte Tötung,veranlasst durch Oberst Klein, sowie über bis zu 40 tote Zivilisten.
http://www.sueddeutsche.de/politik/61/497367/text/
2. Warum hat zu Guttenberg mit dem Wissen um Fehler, zivile Tote und die Missachtung eines Bundestagsmandates das Bombardement als angemessen bezeichnet ?
3. Wie beurteilen Sie die Kritik an der Rechtmäßigkeit des Krieges,die Bundesverwaltungsrichter Deiseroth äußert? http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?em_cnt=2105270&em_loc=1231 Der international anerkannte Terrorismusexperte Nafeez Mosaddeq Ahmed weist darauf hin, dass westliche Geheimdienste auch nach dem Ende des Kalten Krieges und sogar nach dem 11.9.01 islamische Extremisten und terroristische Gruppen unterstützt haben. http://www.newint.org/features/2009/10/01/blowback-extended-version/
4. Geht es in Afghanistan um Terrorbekämpfung ?
Sehr geehrter Herr Schlensker.
Warum der neue Verteidigungsminister zu Guttenberg die Vernichtungsoperation der Bundeswehr zunächst für "militärisch angemessen" bezeichnet hat, möchte ich auch gern wissen. Das war für mich von Anfang an ein Rätsel. Nach Kenntnis der diversen Berichte mit eindeutig anderslautenden Ergebnissen verstehe ich diese Wertung überhaupt nicht mehr. Ich kann nur vermute, der Minister wollte bei den Soldaten gut ankommen. Also müßten Sie ihn selbst fragen. Der Untersuchungsausschuß wird es tun. Die Trennung der Kriegeinsätze in Afghanistan in Mandate von ISAF und OEF war grundsätzlich nachvollziehbar. Inzwischen ist sie aber graue Theorie und kaum noch von praktischer Bedeutung. In Afghanistan legt auch kaum noch jemand auf diesen Unterschied wert außer den Deutschen. Und niemand versteht, warum das für die Deutschen so wichtig ist. Die Oberkommandos sind längst personenidentisch und auch die Aufgaben und das konkrete militärische Vorgehen unterscheiden sich nicht mehr. Häufig werden Kriegeinsätze auch gemeinsam erledigt. Deshalb lehne ich beide Mandate im Bundestag auch immer wieder ab.
Die Auffassung des Richters Deiseroth, daß dem Kriegseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan weitgehend die rechtliche Legitimation fehlt, teile ich weitgehend. Nie war in einem UN-Beschluß von der Vernichtung der Taliban die Rede. Die ursprüngliche UN-Sicherheitsratsresolution von 2001 erlaubte Gewalt nur gegen die Verantwortlichen für die Anschläge in den USA vom 11.9. 2001. Taliban haben aber diese Anschläge weder geplant noch ausgeführt. Taliban haben Deutschland oder ein anderes Land der kriegführenden Nationen vor Kriegsbeginn auch nie bedoht. Auch jetzt drohen sie nur, weil und so lange sich die Länder am Krieg beteiligen.
Für den Krieg in Afghanistan geht die ursprüngliche Begründung mehr und mehr verloren. Ging es zunächst angeblich nur um die Bekämpfung des EL-Quaida-Terrorismus und dann auch um Herstellung demokratischer Verhältnisse, Sicherung der Menschenrechte und guter Regierungsführung, geht es inzwischen um das Ansehen der NATO, Herstellung von Sicherheit im Land, Verhinderung der Rückkehr der Taliban an die Macht und Stabilisierung der ganzen Region. Dabei wird vieles übersehen, vor allem auch, daß das Übergreifen des Krieges auf Pakistan und die wachsende Unsicherheit in der Region auch auf den nunmehr fast neun Jahre dauernden Krieg zurückzuführen ist.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele