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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Erich N. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Erich N. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Ströbele,

auf Ihre
Antwort zu meiner
Frage vom 28.12. gleich eine Anschlussfrage.

Hat die Regierung Rot-Grün zum Zeitpunkt des Beginns des Einsatzes damals versucht, derartige Waffenstillstandsvereinbarungen auszuhandeln?

Wie sehen Sie die Chancen, dass die Aufständischen insbesondere die Taliban mit sich reden lassen und ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnen?

MfG

E. Nolte

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Nolte.

Soweit ich weiß, hat die rot/grüne Bundesregierung Verhandlungen über Waffenstillstand mit Taliban in Afghanistan abgelehnt und nicht geführt.
Zum Zeitpunkt des Beginns des Einsatzes war der Feind El Quaida, die für die Anschläge in den USA verantwortlich gemacht wurden, und keineswegs die Taliban. Im UN-Mandat, das auch dem Bundeswehreinsatz zugrunde lag, war auch nicht von Krieg gegen Afghanistan oder die Talibanregierung die Rede, sondern von Gewaltanwendug "to bring to justice" (also der Gerechtigheit zuführen) der Verantwortlichen für die Anschläge in New York und Washington. Die Taliban gehörten zu diesen Verantwortlichen nicht. Zu der Talibanregierung und deren Chef Scheich Omar unterhielten die USA und auch die Regierungen in Europa normale Beziehungen trotz der damals durchaus schon bekannten Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan. Die US-Regierung hatte sogar zunächst vor dem Angriff mit der Talibanregierung verhandelt über eine Auslieferung von Bin Ladin und über das Schließen der Lager von El Quaida.
Verhandlungen mit den Taliban sind also der US-Regierung sogar unter Präsident Bush durchaus möglich gewesen.
Ob die Taliban über ein seriöses Verhandlungsangebot zu einem Waffenstillstand reden oder ein solches annehmen, weiß ich nicht. Man müßte es immer wieder versuchen. Auch in Teilgebieten. Ich weiß nur, daß im Süden Afghanistans etwa im Verantwortungsbereich von Briten und Niederländern in der Vergangenheit immer wieder Waffensillstandsvereinbrungen über Teilgebiete abgeschlossen wurden - auch mit Taliban - und daß diese auch ziemlich lange eingehalten wurden. Sie sollen gebrochen worden sein, als US-Kommandos Talibanführer in diesen Gebieten geortet und dann auch angegriffen haben.
Die Offensivstrategie der Nato mit dem Ziel, möglichst viele Taliban oder Personen, die man dafür hält, zu vernichten, steht jeder Deeskalationsvereinbarung entgegen. Sie wird inzwischen, wie nicht nur der Bombenangriff auf die Tank-LKWs und die darum befindliche Menschenmenge zeigt, auch durch die Bundeswehr praktiziert,sondern allen gegenteiligen Behauptungen zum Trotz auch ständig weiter durch die US-Truppen eingesetzt.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele