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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Max F. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Max F. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Ströbele,
in Ergänzung an die Frage von Herrn Hainer hätte ich auch eine Frage zu Ihrem Wahlplakat. Sie stellen die in meinen Augen die sehr gute Forderung auf, Schluss mit der Plünderung der Staatskassen zu machen. Allerdings hat vor kurzem die Hans-Böckler-Stiftung bzw. Achim Truger nachgewiesen, dass gerade die rot-grüne Steuerreform von 2000 das Staatsdefizit wesentlich verschärft hat.
Können Sie mir die Diskrepanz zwischen rot-grünem Regierungshandeln und Ihrer jetzigen Forderung erklären? Können Sie mir weiterhin darlegen, wie ein grünes Finanz- und Steuerkonzept zur Gesundung der Staatskassen aussehen soll?

Mit freundlichen Grüßen,
Max Flemming

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Flemming.

Ich könnte es mir leicht machen und antworten: Fragen Sie den Künstler Gerd Seyfried. Der hat das Plakat gestaltet.
Aber ich will versuchen, mein Engagement zu erklären:
Das Gutachten von Achim Truger kenne ich nicht. Ich räume auch ein, daß ich nicht alle oder die meisten Veröffentlichungen der Stiftungen und Institute zu den Staatsfinanzen verfolgt und gelesen habe. Dieser Politikbereich gehörte damals nicht und gehört auch heute nicht zu den Fachgebieten, mit denen ich im Bundestag besonders befaßt war und bin. Da sind andere zuständig und fachkundiger. Ich war und bin mit Fragen der Demokratie, des Parlamentarismus und der Bürgerrechte befaßt. Daher kommt auch mein Anstoß und Impuls, mich mit der Entwaffnung der Finanzmärkte und Plünderung der Staatskassen zu beschäftigen.
Als Bürger und Abgeordneter bin ich darüber entsetzt und empört, wie jetzt in Zeiten der Finanzkrise Hunderte von Milliarden Euro aus Steuermitteln für die Sanierung von Banken riskiert und Milliarden Euro aus Steuermitteln an Subventionen für Unternehmen wie an die Autoindustrie ausgezahlt werden. Und all das geschieht, ohne daß das Parlament und die Abgeordneten darüber informiert werden, unter welchen Bedingungen, Auflagen und gegen welche Sicherheiten all das viele Geld der Steuerzahler riskiert und ausgegeben wird. Das treibt mich auf die Barrikaden. Die Bevölkerung und auch ich wollen wissen, ob mit dem Geld weiter gezockt und spekuliert wird und ob Dividenden, "Boni", Supergehälter an Manager bezahlt werden. Die Regierung verweigert mir weitgehend die Beantwortung parlamentarischer Anfragen dazu. Die grüne Bundestagsfraktion deshalb ein verfassungsrechtliches Gutachten eingeholt und jetzt vorgelegt.
Und ich will, als Parlamentarier aber auch mitentscheiden, ob die Ausgaben des Staates in den Einzelfällen zu verantworten sind. So sieht es das althergebrachte Budgetrecht der Parlamente eigentlich vor.
Soweit ich erinnere, gab es vor neun Jahren einen konjunkturellen Aufschwung. Die damalige rot/grüne Regierung und der Bundestag hielten es für richtig Steuerentlastungen vorzunehmen. Ich hatte Steuerentlastungen für Unternehmen kritisch gesehen, war aber viel zu wenig Fachmann, um die Folgen für die Steuereinnahmen abzuschätzen. Soweit ich weiß, sanken die Einnahmen aus Unternehmensteuer danach tatsächlich bis in den Minusbereich. Das war nicht gewollt. Danach stiegen sie aber in den Folgejahren wieder an. Selbst wenn es zutrifft, daß das damalige Gesetz zu einer Vergrößerung des Staatsdefizits geführt hat, spricht das noch nicht dagegen, heute gegen die demokratisch nicht kontrollierte Ausreichung von Milliarden zu kämpfen.
Ein eigenes Steuer- und Finanzkonzept für die Sanierung der Staatsfinanzen habe ich nicht. Im grünen Wahlprogramm finden Sie ganz zu Anfang das Grüne Konzept dazu. Sie können es nachlesen im internet. Ich halte insbesondere den Vorschlag (Seite 50) für richtig, mit einer Vermögensabgabe auf die großen Vermögen zweckgebunden mindestens einen Teil der Kosten der Krise zu tilgen. Ich habe mich stets für die Wiederhebung der Vermögenssteuer eingesetzt und sogar selbst ein Vorschlag dafür vorgelegt. Leider bisher vergeblich. Eine Vermögensabgabe scheint mir jetzt aber auch der richtige Weg.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele