Frage an Hans-Christian Ströbele von F. Henning R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Ströbele,
für Ihre engagierte Arbeit als Abgeordneter danke ich.
Meine Frage:
Nach Ansehen der zweiten Sitzung des Bundeswahlausschusses
habe ich den Eindruck eines willkürlichen, undemokratischen und vor allem kaum anfechtbaren Verfahrens erhalten. Unter den 4 zur Bundestagswahl abgelehnten Parteien waren mit der PARTEI, Der freien Union und den Grauen mindestens 3 ernstzunehmende Parteien. (Im Hinblick auf Die PARTEI sei angemerkt: die Zulassung einer Partei muss sich an ihrer politischen Aktivität als Partei bemessen, nicht an ihren Inhalten).
Die in der Verhandlung erörterten Gründe für die Nichtzulassung der Parteien bzw. die Aberkennung des Parteienstatus müssen als nicht nachvollziehbar und fadenscheinig betrachtet werden. So ist von einem Fax der PARTEI die Rede, in der der PARTEI nur ein Landesverband zugeschrieben wird (nebenbei: wieviele Landesverbände und Listen hat die CSU?). Das Absenden des Faxes wird nachhaltig bestritten, wie im Internet ohne jedes Problem ersichtlich, verfügt die Partei über 9 Landesverbände und hat bereits an mehreren Wahlen teilgenommen...ebenso kann nicht bestritten werden, dass die GRAUEN eine aktive Partei sind...
Das alles war dem hohen Gremium aber egal: Die Argumente sämtlicher anwesender Parteien wurden in der Sitzung nicht gehört.
Die Peinlichkeit der Veranstaltung ist in diesem Spiegel-Kommentar recht gut zusammengefasst:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,641042,00.html
Abgesehen von den inhaltlichen Unglaublichkeiten dieser essentiell demokratischen Veranstaltung: Halten Sie es für demokratisch, dass ein einzelnes Gremium in derartiger Willkürlichkeit über die (Nicht)teilnahme einer Partei an Wahlen entscheiden kann, ohne dass es wirksame Rechtsmittel dagegen gibt?
Vielen Dank,
F. Renken
Sehr geehrter Herr Renken.
Die Entscheidung des Bundeswahlausschusses wird vielfach kritisiert. Ich kann die Gründe für die Entscheidung über die Nichtzulassung der vier Parteien zur Bundestagswahl abschließend nicht beurteilen, weil ich sie im Einzelnen nicht kenne. Der Spiegelartikel in der Anlage bringt einige der Argumente, aber nicht alle.
Offenbar hat es sich wohl um die Entscheidung des Ausschusses über die Beschwerden gehandelt, also hat sich der Ausschuß zweimal damit beschäftigt.
In einem Fall soll inzwischen auch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorliegen, die ich aber auch nicht kenne.
Ich will gerne versuchen, die Gründe der Entscheidung zu bekommen, soweit sie überhaupt schriftlich niedergelegt wurden.
Ich selbst bin Mitglied des Wahlprüfungsausschusses des Deutschen Bundestages. Dieser befaßt sich mit Wahlbeschwerden nach der Bundstagswahl. Ich habe mich in den vergangenen Jahren bemüht zu erreichen, daß dieser Bundestagsausschuß von der Möglichkeit der öffentlichen Verhandlung über Wahlbeschwerden Gebrauch macht. Leider waren diese Bemühungen vergeblich.
Vielleicht muß sich dieser Bundestagsauschuß auch noch mit Beschwerden der vier Parteien befassen. Das kann aber erst nach der Wahl sein. Das letzte Wort hat dann dann das Bundesverfassungsgericht - in vier Jahren !
Grundsätzlich bin ich dafür, das Zulassungsverfahren großzügig zu praktizieren und Nachbesserungen von Formfehlern weitgehend zuzulassen. Im Zweifel sollte für die Wahlteilnahme entschieden werden.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele