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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Hans M. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Hans M. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Ströbele,

ich habe eine ganz entscheidende Frage an Sie. Und hoffe auf ein Antwort. Warum liegt das Geldschöpfungsmonopol nicht in der Hand des Staates, also uns. Warum brauchen wir externe Banken, um von diesen Geld zu bekommen. Dafür müssen wir ja bekanntlich Zinsen zahlen.

Wäre es nicht geschickter das Geldschöpfungsmonopol beim Staat zu belassen. Somit würden Zinsleistungen entfallen und der Staat könnte innerhalb von kurzer Zeit wieder Schuldenfrei sein.

Wann fängt die Regierung endlich an das Bankenmonopol aufzubrechen. Das sollte die dringlichste Aufgabe der Politik sein.

In der USA gibt es bereits diesen Versuch durch Ron Paul.

Warum haben private(FED) und Teilprivate Banken immer noch das Monopol auf Gelderzeugung?
Wir verschwenden die Zukunft unserer Kinder mit diesem Sinnlosen unterfangen, den Banken immer mehr Geld zu geben. Es ist ein Kreditpyramidenspiel. Denn nur durch Schuld entsteht das Geld.

Nur dadurch haben wir doch alle Probleme mit der Staatsverschuldung. Warum sind wir immer noch so abhängig. Es macht keinen Sinn.

Dieses Problem treibt im Moment viele Menschen um. Nur wenn dieses Problem angegangen wird - wird die Bevölkerung wieder Vertrauen zurückbekommen. Zur Zeit fragen sich viele Menschen was Geld eigentlich ist. Jeder der es verstanden hat, kann nur ungläubig den Kopf schütteln. Wann wacht die Politik zu diesem Thema endlich auf?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Maier

Sie haben recht. Auch mir ist unwohl dabei, wenn Großbanken zig und gar hundert Milliarden Euro vom Bund ausgereicht bekommen, ohne daß klar ist, wo das enden soll. Auch ich habe schon daran gedacht, statt den Banken hunderte von Milliarden in den Rachen zu werfen, ohne ausreichend Einfluß darauf zu nehmen, was die mit all dem Geld machen, doch gleich den Staat die Kredite an risikofreudige und innovative Unternehmungen rauszugeben, ohne Zinsen und nur mit einer kleinen Bearbeitungsgebühr.
Nur so einfach wird das vermutlich nicht funktionieren.

Derzeit übt das Geldschöpfungsmonopol nach geltenden europäischen Verträgen die europäischen Zentralbank aus. Diese ist in ihrer Geldpolitik dem Ziel der Geldwertstabilität verpflichtet und unabhängig von der Politik sein. Über verschiedene Verfahren und Zinssätze (Diskontsatz, Lombardsatz etc) teilt sie Geld an Banken aus, die ihrerseits hierfür bei der Zentralbank Sicherheiten (Wertpapiere etc.) hinterlegen müssen. Die Banken wiederum verleihen dann dieses von der Zentralbank erhaltene Geld an Kunden (Private, Unternehmen, etc.) zu einem Zinssatz, der über dem von der Zentralbank festgesetzten Zinssatz liegt. Die Differenz zwischen zu zahlenden Zins an die Zentralbank und dem vom Kunden zu zahlenden Zins an die Bank ist das Geschäft der Banken. So soll der allgemeine Kreislauf funktionieren. Geldschöpfende Stelle ist zunächst hierbei immer die Zentralbank. Die Geldausweitung aber betreiben die Banken über ihr Kreditgeschäft und erweitern so den wirtschaftlichen Kreislauf.

Das Problem ist, dass die europäische Zentralbank in ihrer Geldpolitik, ausschließlich der Geldwertstabilität verpflichtet ist. Nicht aber den genauso wichtigen, wenn nicht sogar bedeutenderen Zielen für Wachstum und Beschäftigung sowie dem ökologisch nachhaltigen Einsatz der Gelder. Die europäische Zentralbank müßte auch auf die Ziele von Wachstum und Beschäftigung sowie Nachhaltigkeit verpflichtet werden.

Die weitere Frage, die sie hierbei stellen ist, ob der Staat nicht besser das Geldschöpfungsmonopol ohne "Zinsleistungen" übernehmen sollte. Das Problem besteht hier in der zinslosen Ausgabe von Geld. Ein solcher Vorgang würde allerdings den wirtschaftlichen Kreislauf zum Erliegen bringen. Geld, das nichts kostet, führt zu keinen Investitionen, die wirtschaftliches Wachstum und Beschäftigung ermöglichen.
Außerdem stellt sich dann die dringende Frage, an wen wird wieviel Geld gegeben und vor allem wer bekommt kein Geld. Und wer entscheidet dies nach welchen Kriterien. Soll der Staat Risikobewertungs-, Kontroll- und Geldeintreibungsapparate aufbauen, wie sie heute die Banken unterhalten ?

In ihrem Brief sprechen sie die Frage des Bankenmonopols an. Natürlich ist der Banken- und Finanzsektor völlig aufgebläht und mittlerweile viel zu groß geraten. Dieser müsste dringend zurecht gestutzt und die Banken wieder auf ihre ursprünglichen Aufgaben verpflichtet werden. Nämlich das Einlagensicherungsgeschäft mit Depothaltung für ihre Kunden und das Kreditgeschäft. Das wäre das Modell einer "Good Bank". Vor allem dürfte der Wertpapierhandel den Banken nicht mehr so wie bisher gestattet werden. Denn insbesondere durch den zügellosen Kauf und Verkauf von Kreditderivaten - den sogenannten vergifteten Papieren - ist es zur Bankenkrise gekommen.

Zum Schluss sprechen sie von der enormen Staatsverschuldung. Aber alle privaten Unternehmen zusammen in Deutschland sind doch um einiges höher verschuldet als der Staat. Diese hohe Kreditlast für die Unternehmen wiegt in der jetzigen Krise umso schwerer, da Zins- und Tilgungsleistungen bei sinkenden Umsätzen und ausbleibenden Aufträgen nicht mehr bedient werden können. Viele Unternehmen stehen daher jetzt vor Insolvenzen und Pleiten.

Daher muss der Staat mit entsprechenden Investitionsprogrammen in der Größenordnung einspringen, die nach Tiefe und Schwere der jetzigen Krise notwendig ist. Leider hat die Bundesregierung hierzu ein viel zu mageres und rückwärts gerichtetes Investitionsprogramm aufgelegt. Dieses wird nur ein kurzfristiges Strohfeuer erzeugen. Mit unserem Programm "neuer grüner Vertrag" fordern wir massive Investitionen in Zukunftsfelder des ökologischen, sozialen und bildungsstrukturellen Umbaus unserer Gesellschaft. Denn nur ein solcher Umbau wird uns mittel- und langfristig aus der jetzigen Krisensituation herausführen.

Also nachdenken über ganz neue Gestaltungsmodelle nicht nur aber auch für die Geldwirtschaft ist sicher angebracht. Aber ganz so einfach, wie Sie es beschreiben, wird es nicht gehen. Bis die neuen Modelle voll entwickelt sind und die politische Chance der Umsetzung realistisch gegeben ist, müssen wir etwas kleinere Brötchen backen aber nicht solche, die schon jetzt kaum genießbar sind und vor allem die der nächsten Generation im Halse steckenbleibt.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele