Frage an Hans-Christian Ströbele von Franz B. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Ströbele,
der staatliche Banken-Rettungsfonds Soffin verstößt möglicherweise gegen das Grundgesetz. Ich sehe es eher, dass die Parlamentarier im Deutschen Bundestag derzeit nicht das Recht haben, die Geldflüsse zu kontrollieren. Die derzeitigen Regelungen im Finanzmarktstabilisierungsgesetz verstoßen nach meiner Überlegungen gegen das verfassungsrechtlich verbürgte Budgetrecht des Parlaments. Dem Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) stehen insgesamt 480 Mrd. Euro zur Verfügung, um durch die Finanzkrise angeschlagenen Banken zu helfen - ein Großteil davon sind Liquiditätsgarantien. Davon profitiert insbesondere der Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) mit über 52 Milliarden Euro. Ohne die Liquiditätsspritzen wäre das Institut nicht überlebensfähig. Der Bund will die Bank vollständig übernehmen. Ein weiterer Großnutzer der Garantien ist die HSH Nordbank mit einer Summe von über 30 Milliarden Euro bei den Bürgschaften. Es ist doch ein problematischen Vergabeverfahren. Für kleinere Beträge ist es wohl ausreichend, wenn der Finanzminister selbst oder ein Gremium wie der Lenkungsausschuss entscheide. Von bestimmten Größenordnungen an, nach meiner Meinung ab einer Milliarde Euro, müsste es aber einen Zustimmungsvorbehalt des Parlamentes geben, ähnlich den Zustimmungsvorbehalten im Aktiengesetz für Aufsichtsräte. Wie kann die Koalition diesen transparenten Sachverhalt offensichtlich missachten?
Wie beurteilen Sie die Sachlage?
Freundliche Grüße, Franz Becker
Sehr geehrter Herr Becker.
Das sehe ich genauso, wie Sie es aufgeschrieben haben.
Die Selbstentmachtung des Parlaments durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz nimmt den Abgeordneten das Budgetrecht, das für jede Demokratie konstituierend, also unverzichtbar, sein sollte. Aber nicht nur, daß die Abgeordneten nichts mehr zu melden, also mitzubestmmen haben, nein, die Bundesregierung verweigert uns sogar das Recht, uns über ihre Verfügungen in zig-Milliarden Höhe auch nur die notwendigen Informationen zu geben. Die Entscheidungen fällt letztlich der Finanzminister in eigener einsamer Verantwortung. Von den 612 Abgeordneten haben nur 9, die in dem Geheimgremium sitzen, Anspruch auf Informationen. Mitentscheiden dürfen auch sie nicht. Und soweit ich höre, bekommen auch diese Abgeordnete nicht viel Informationen. Jedenfalls dürfen sie, das was sie erfahren, den Kolleginnen und Kollegen nicht weitersagen. Alles muß geheim bleiben und die Geheimhaltung steht unter Strafdrohung.
Das ist die lupenreine Demokratie. Das ist aus der parlamentarischen Kontrolle und Entscheidungsmacht geworden.
Weil ich diese meine Entrechtung als Abgeordneter und die des Parlaments nicht einfach hinnehmen will, reiche ich nun fast in jeder Sitzungswoche parlamentarische Anfragen bei der Bundesregierung ein. Gerade auch zu den Krediten und Bürgschaften, die an die Hypo Real Estate Bank gegeben werden. Ich will wissen, mit welchen Bedingungen dieses viele Geld aus Steuermitteln zur Verfügung gestellt wird. Auskunft bekomme ich nur sehr eingeschränkt und zu den Bedingungen gar nichts. Ich hätte aber gern gewußt, ob die Hypo so weiter zocken und spekulieren darf, wie bisher, oder ob ihr riskante Spekulationgeschäfte verboten sind. Außerdem wollen wir doch alle gern erfahren, ob die Aktionäre weiter Dividenden und die Vorstände weiter Boni und extrahohe Einkommen erzielen und das aus unseren Steuermitteln. Die Antwort ist immer dieselbe: Das falle unter das Geschäftsgeheimnis der Hypo Real Estate Bank und könne mir nicht mitgeteilt werden.
Ich prüfe, ob ich mir Hilfe beim Bundesverfassungsgericht holen kann. Zur Zeit warte ich, inwieweit der neu eingesetzte Untersuchungsausschuß Informationen erhält.
Übrigens die Milliarden bleiben nicht bei der Hypo Real Estate, sondern fließen weiter z.B. am die Deutsche Bank. Dort sollen schon zweistellige Milliardenbeträge angekommen sein. Kein Wunder, daß Herr Ackermann wieder schwarze Zahlen schreiben kann letztlich mit Hilfe der Milliarden aus unseren Steuermitteln.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele