Frage an Hans-Christian Ströbele von Dietmar B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Ströbele
viele Politiker fordern auch nach dem Bankenskandal, dass der Staat sich mehr zurücknehmen soll. Ich gehe mit diesen soweit konform, wenn sie sagen, der Staat sei nicht der bessere Banker.
Auch halte ich die Warnung für zutreffend, man dürfe nicht wegen einzelner schwarzer Schafe alle Banker verurteilen.
Nun gibt es aber einen anderen Bereich, bei dem sich der Staat immer mehr in das Privatleben der Menschen einmischt. Hier meine ich die Familien und vor allem den Bereich Erziehung.
Nachdem der Paritätische Wohlfahrtsverband wiederholt festgestellt hat, dass die Regelsätze des Arbeitslosengeldes zu niedrig bemessen sind, hat sich Herr Grabka vom DIW dahingehend geäußert, es wäre besser mehr Geld in die staatlichen Einrichtungen zu geben um eine "vernünftige, kostenlose Kindererziehung" zu garantieren.
Dies bedeutet eine weitere Verlagerung der Erziehungsarbeit aus dem, nach Grabka "unvernünftigen" Elternhaus in staatliche Einrichtungen. Und dies seitens der Wirtschaft, die ansonsten für immer weniger Staat plädiert. Ich gehe mit Herrn Grabka, und sicher auch mit Ihnen konform, dass eine existenssichernde Arbeit für die allermeisten Langzeitarbeitslosen das angestrebte Ziel ist. Da aber selbst gut ausgebildete Arbeitslose ohne Kinder keine Arbeitsplätze finden, glaube ich nicht, dass mehr Betreuungsplätze unsere Probleme auf dem Arbeitsmarkt lösen würden.
Nun meine Frage:
Sind Sie mit mir der Meinung, dass die allermeisten Eltern und vor allem die Alleinerziehenden Mütter und Väter in Deutschland eine hervorragende Arbeit leisten und deshalb auch ein Anrecht auf eine
staatliche Unterstützung haben, die Ihnen die Möglichkeit lässt, zwischen staatlicher Erziehung und der eigenen Erziehungsarbeit zu wählen?
Oder sind Sie der Meinung der Staat sei die bessere Mutter bzw. der bessere Vater?
Besteht eine Hoffnung das die Grünen im anstehenden Wahlkampf diese Thematik aufgreifen?
Freundliche Grüße aus Wiesbaden
Dietmar Brach
Sehr geehrter Herr Brach.
Es stimmt, daß die allermeisten Eltern prima Erziehungsarbeit leisten und meist nicht nur aufopfernd, sondern auch sehr erfolgreich. Ich kenne viele aus meiner privaten und beruflichen Umgebung.
Durch die viel zu niedrigen ALG-II-Sätze wird vielen Eltern die ausreichende Versorgung und Betreuung ihrer Kinder häufig sehr schwer, manchmal unmöglich gemacht. Deshalb gehören die Zahlungen schon lange drastisch angehoben, wie dies die Wohlfahrtsverbände seit Langem fordern. Eine Erhöhung auf 420,- Euro pro Monat sollte das Mindeste sein. Das sehe ich völlig anders der Herrn vom DIW.
Aber gleichwohl soll der Staat immer mehr und ausreichend staatliche Einrichtungen zur Verfügung stellen, um den Eltern die Möglichkeit zu geben, sich von ihrer häufig zu starken Inanspruchnahme zu entlasten. Aber nicht nur deshalb, die Erfahrungen, die Kinder im Umgang mit anderen für das Leben brauchen, können Sie häufig gerade auch in solchen staatlichen Einrichtungen machen.
Für die Erziehung zu einem selbstbestimmten Leben ist die Erziehung durch die Eltern, aber auch in staatlichen Einrichtungen wichtig.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele