Frage an Hans-Christian Friedrichs von Karin C. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Friedrichs,
die Bahnstrecke Hamburg-Berlin ist überlastet und der langsame Schienen-Güterverkehr gerät oft in Konflikt mit dem ICE-Schnellverkehr, vor allem zwischen Hamburg und Hagenow-Land (dieser Abschnitt ist gebündelt mit der Strecke Hamburg-Schwerin/Rostock). Bedingt durch den erhöhten Umschlag im Hamburger Hafen steigt auch der Schienengüterverkehr von Hamburg in Richtung Berlin weiter an. Halten Sie es für eine realistische Lösung, den Güterverkehr auf der Schiene von Hamburg nach Berlin anstatt auf der überlasteten Hauptstrecke über Büchen und Hagenow-Land stattdessen über Lüneburg, Dannenberg und Dömitz nach Wittenberge (Anschluss nach Berlin) fließen zu lassen? Dafür müsste man den Abschnitt Dannenberg-Wittenberge wieder reaktivieren, was aber vermutlich nicht teurer wäre als ein Streckenausbau Hamburg-Büchen-Wittenberge.
Erfreulicher Nebeneffekt einer Schienengüterverkehrs-Ertüchtigung HH-Lüneburg-Dannenberg-Dömitz-Wittenberge wären neue Möglichkeiten im SPNV (Schienenpersonennahverkehr), das Wendland würde seine Randlage im Schienenverkehr endlich verlieren. Außerdem würde man (bei einer Reaktivierung Buchholz-Lüneburg) eine durchgehende Schienenverbindung vom Seehafen Bremerhaven sowie von Wilhelmshaven (=gepl. Tiefwasserhafen) über Buchholz, Lüneburg, Dannenberg, Dömitz und Wittenberge nach Berlin unter Meidung der Nadelöhrs Hamburg schaffen! Würden Sie sich für eine solche oder ähnliche Lösung einsetzen, die im Angesicht des Klimawandels für mich dringend geboten erscheint (Reaktivierung statt Neubau, Schiene statt Straße)?
Mit freundlichen Grüßen
Karin Clavin
Sehr geehrte Frau Clavin,
vielen Dank für Ihre Frage zur Verkehrspolitik.
Sie haben die Lösung des Problems schon selbst genannt: Reaktivierung der – nennen wir sie mal bei ihrem historischen Namen – Buchholzer Bahn, also der Verbindung von Buchholz über Lüneburg, Dannenberg und Dömitz nach Wittenberge. Die genannte Strecke ist bis auf wenige Ausnahmen unverbaut und ein Wiederaufbau ist möglich. Lediglich vor den Toren Lüneburgs müsste der Radweg wieder zu einem Schienenweg werden, der Castor-Verladekran in Dannenberg-Ost müsste verschwinden und bei Dömitz müsste die Elbbrücke neu gebaut werden.
Warum das alles? Wenn Sie mit Logistikern reden, werden Sie zum Transportvolumen auf einer Nordwest-Südost-Relation nur eines hören: extrem steigend. Das betrifft sowohl den Verkehr, der heute schon über die Bahn abgewickelt wird, der entweder über die Hauptstrecke von Hamburg über Büchen und Ludwigslust oder über Lüneburg, Uelzen und Stendal läuft, als auch den Güterfernverkehr über die A24 oder die Mautausweichstrecken B5, B216 und B4/B71. Gerade in dieser Region werden wir eine zukunftsfähige Entlastung auf der Schiene brauchen, die neben dem Güter- auch dem Personenverkehr zugute kommt.
Wie realistisch das ist, orientiert sich oftmals an den Kosten. Ein Beispiel: Die neue Eisenbahnbrücke über die Oder bei Frankfurt hat rund 25 Mio. Euro gekostet. Eine Brücke über die Elbe bei Dömitz wäre gut doppelt so lang, rechnen wir also mit 50 Mio. Euro. Zum Vergleich: Der Umbau des Autobahndreiecks Braunschweig-Süd kostet mal eben völlig diskussionslos 72 Mio. Euro, und das nur, damit man auf der zukünftigen Transitautobahn A39 von und nach Wolfsburg nicht mehr „abfahren“ muss, sondern auf den beiden Hauptfahrstreifen geradeaus weiterfahren kann.
Setzen Sie diese Kosten mal ins Verhältnis, so muss es sich lohnen für dieses Infrastrukturprojekt zu kämpfen, bei dem auf alter Trasse ganz neue Verkehrswege entstünden. Hier kommt es auf die richtige und zukunftsweisende Prioritätensetzung an! Ich werde mich gerne für diesen Verkehrsweg einsetzen.
Mit freundlichem Gruß
Hans-Christian Friedrichs