Frage an Hans-Christian Friedrichs von Bernhard R. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Friedrichs,
ich lebe seit 60 Jahren in Lüneburg und bin seitdem regelmäßiger Bahnkunde. Bis in die 70er Jahre hinein gab es rund um unsere Stadt eine engmaschige Schienen-Infrastruktur und man konnte alle wirtschaftlich und touristisch wichtigen Orte mit der Bahn erreichen. Trotz anhaltender Bekenntnisse zum Klima- und Umweltschutz betreiben CDU, SPD und FDP seit Jahrzehnten eine Politik der Stillegung von Bahnstrecken und investieren gleichzeitig Milliarden von Euro in den Bau von Autobahnen und Fernstraßen. Müssen wir nicht gerade im Angesicht der drohenden Klimakatastrophe den Schienenverkehr fördern und den motorisierten Verkehr auf das erforderliche Mindestmaß reduzieren? Was wollen Sie tun, um den Erhalt der bestehenden Bahnlinien in Ihrem Wahlkreis zu sichern? Wäre es auch möglich, bereits stillgelegte Bahnlinien im Personen- und Güterverkehr zu reaktivieren, wie das kürzlich bei der Hunsrück-Querbahn in Rheinland-Pfalz und bei der Ilztalbahn Passau-Freyung geschehen ist?
Mit freundlichem Gruß
Bernhard Reinecke
Lieber Herr Reinecke,
zunächst muss ich Ihnen voll und ganz Recht geben. Wir brauchen die Mobilitätswende, hin zu einem umweltverträglichen, attraktiven und bezahlbaren, möglichst schienebasierten Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und weg vom Ausbau des motorisierten Individualverkehrs (MIV). Das sind wir uns mit den selbst gesteckten Klimaschutzzielen und unserer moralischen Verpflichtung zum Erhalt unserer Umwelt, insbesondere der Natur, schuldig. Wir Grüne sind übrigens die einzige Partei, die die Natur als Wert an sich begreift und nicht nur indirekt über den Nutzen am Menschen. Daher muss uns der Stopp von Flächenfraß und Zerschneidung durch Verkehrsgroßprojekte wie A22, A39 und Y-Trasse ein wichtiges Anliegen sein.
Ich würde mich auch im Bundestag im Rahmen meiner Möglichkeiten zusammen mit meiner Fraktion für den Erhalt und die Reaktivierung bestehender Bahntrassen einsetzen. Auch im grünen Wahlprogramm zur Landtagswahl 2008 konnte ich genau diese Akzente setzen. Ich würde mich beispielsweise über Gesetzesinitiativen und andere uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten dafür einsetzen, dass der Bundesverkehrswegeplan 2010 reformiert wird und die oben genannten Projekte dann nicht mehr enthalten sind. Andere müssten hinzukommen, beispielsweise die Reaktivierung der Buchholz-Wittenbergener Bahn, also von Buchholz über Lüneburg, Dannenberg und Dömitz nach Wittenberge, um nur ein Beispiel zu nennen. Das 300 km lange Netz der OHE, das einmal für nur 20 Mio. Euro privatisiert bzw. verscherbelt wurde, müsste zurück in staatliche Hand und für den gemischten Personen- und Güterverkehr saniert werden. Dazu kann der Bund Impulse liefern, handeln und kooperieren muss aber die Landesregierung. Insgesamt gibt es eine große Zahl von verkehrspolitischen „Baustellen“, die ich aber in der Kürze der Zeit hier nicht alle behandeln kann.
Ich hoffe, Ihnen einen Eindruck im meine Ambitionen und Vorstellungen gegeben zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Christian Friedrichs