Portrait von Hans-Christian Friedrichs
Hans-Christian Friedrichs
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Hans-Christian Friedrichs zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Hanni P. •

Frage an Hans-Christian Friedrichs von Hanni P. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Lieber Herr Friedrichs,

mich würde Ihre Antwort zu folgenden Fragen interessieren:

1. Sollte es Politikern untersagt werden, Nebenjobs in der Wirtschaft (z.B. Aufsichtsratsposten) auszuüben?

2. Sollte es eine Anwesenheitspflicht der Abgeordneten im Bundestag/Bundesrat geben?

3. Auf welche Werte gründen Sie Ihre Tätigkeit als Politiker? Und wie stellen SIe sicher, daß SIe auch in Zukunft Ihre Integrität bewahren werden?

Schönen Gruß,
Hanni Plato

Portrait von Hans-Christian Friedrichs
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Lieber Frau Plato,

vielen Dank für Ihre Fragen.

1. Sollte es Politikern untersagt werden, Nebenjobs in der Wirtschaft (z. B. Aufsichtsratsposten) auszuüben?

Aufsichtsrats- oder Vorstandsposten in großen Unternehmen oder sogar Konzernen sind kaum als „Nebenjobs“ anzusehen, insbesondere wenn daraus teils erhebliche „Nebeneinkünfte“ erzielt werden. Über das Nebeneinkünftegesetz, das von der letzten rot-grünen Bundesregierung gegen die Stimmen der Opposition verabschiedet wurde, ist ja bereits geregelt, dass Abgeordnete ihre Nebeneinkünfte anzugeben haben. Danach lagen die Nebeneinkünfte 2007 bei Abgeordneten der CDU/CSU durchschnittlich bei mindestens 12.500 Euro, bei der SPD bei 11.406 Euro, bei den beiden fraktionslosen Abgeordneten bei 6.000 Euro, bei der FDP bei 5.778 Euro, bei den Linken bei 3.915 Euro und bei den 56 Abgeordneten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei nur 54 Euro. Über die Internetseite http://www.nebeneinkuenfte-bundestag.de kann man sich darüber hinaus informieren, wie viel die einzelnen Abgeordneten „nebenbei“ verdienen. Spitzenreiter sind dabei Klaas Hübner (SPD) mit mindestens 120.000 Euro, Klaus Brandner (SPD) mit 129.000 Euro und Walter Riester (SPD) mit mindestens 144.500 Euro im Jahr. Den meisten Organisationen oder Vertragspartnern sind Dr. Hermann Scheer (SPD) mit 31, Dr. Guido Westerwelle (FDP) mit 38 und wieder Walter Riester (SPD) mit 61 Ämtern verpflichtet.

Wer glaubt angesichts dieser Zahlen noch an die Worte im Grundgesetz, die Abgeordneten des Deutschen Bundestages wären tatsächlich „Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“? Was hier angezeigt ist, ist tatsächlich eine strengere Regelung, die Nebeneinkünfte zumindest ganz radikal beschränkt.

2. Sollte es eine Anwesenheitspflicht der Abgeordneten im Bundestag/Bundesrat geben?

Auch heute gibt es schon einen gewissen monetären Anreiz für Abgeordnete Ausschuss- und Plenarsitzungen zu besuchen. Bundestagsabgeordneten wird für versäumte Sitzungstage (auch bei Entschuldigung oder Krankheit) zwischen 20 und 100 Euro pro Tag abgezogen. Die Anzahl der Ausschusssitzungen und weiterer Veranstaltungen und Verpflichtungen ist aber so groß, dass es auch bei den meisten Plenarsitzungen zu Überschneidungen kommt. Wenn also manche Plenarsitzungen einen erschreckend entvölkerten Eindruck machen, dann ist das für viele Abgeordnete absolut entschuldbar, schwarze Schafe, die Ihrer moralischen Verpflichtung nicht nachkommen, mag es allerdings auch geben. Mit einer Anwesenheitspflicht, die dann zum ausgiebigen Zeitung lesen führen könnte, wäre uns allerdings auch nicht gedient.

3. Auf welche Werte gründen Sie Ihre Tätigkeit als Politiker? Und wie stellen SIe sicher, dass Sie auch in Zukunft Ihre Integrität bewahren werden?

Ich vertraue Ihnen jetzt mal etwas an: Damals stand in meiner Schulzeit in einer Religionsstunde die Frage im Raum, ob man denn der Gesellschaft dienlich sein müsse. In einer Zeit, in der wir mit reichlich „null Bock“ und „no future“ zu tun hatten, war das ein sehr interessanter und für mich ganz neuer Gedanke. Nach kurzem Überlegen beantwortete mein Religionslehrer diese Frage mit einem selbstbewussten und überzeugendem „Ja“. Von diesem Grundgedanken, der Gesellschaft zu dienen, bin ich in den letzten 30 Jahren nicht abgerückt und sehe auch keinen Anlass für eine zukünftige Richtungsänderung. Dass sich hinter diesem Ziel selbstverständlich Werte wie Wahrheit, Solidarität und Gerechtigkeit verbergen, liegt auf der Hand. „Geiz ist Geil“ und „Nach mir die Sintflut“ gehören übrigens nicht dazu.

Mit besten Grüßen

Hans-Christian Friedrichs