Frage an Hans-Christian Friedrichs von Tobias M. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Friedrichs!
Hier (wie telefonisch besprochen) meine kurze Fragen:
Wie kann es sein, daß unter "gemeinnützigen" Deckmantel kommerzielle Tätigkeiten mittels 1€-Jobbern ausgeübt werden?
Link*: http://www.elo-forum.net/hartz-iv/hartz-iv/-200907103731.html
Die eingeschaltete Staatsanwaltschaft sah kein Grund, gegen diese eindeutigen Rechtsverletzungen vorzugehen. Es würden angeblich Beweise fehlen - obwohl sogar auf der Firmeneigenen Webseiten (wie z.B. http://www.neue-arbeit-lueneburg.de/index.php?c=1&s=diegruenwerker ) beschrieben wird, daß die 1€-Jobber "privat & gewerblich" eingesetzt werden.
Kann es sein, daß die Staatsanwaltschaft mit den Verantwortlichen unter einer Decke steckt, Gesetze bricht (z.B. ILO-Abkommen & SGBII) und nicht im Namen des Volkes handelt?
Mit freundlichen Grüßen
T. Meier
*PS: Kurzfassung der Anzeige bei der Staatsanwaltschaft. Sehr erwähnenswert wäre noch, daß das gesamte PC-Netzwerk der BBSII Lg. (größere Berufsbildende Schule) von einem 1€-Jobber eingerichtet wurde; diesem wurde versprochen, daß er ab 2010/2011 einen Festvertrag bekommen würde - z.Zt. fehle es noch an Geld ...
Lieber Herr Meier,
vielen Dank für Ihre Frage und dafür, dass Sie diese bei „kandidatenwatch.de“ gestellt haben, damit alle Interessierten etwas davon haben.
Ich habe mir die von Ihnen genannten Beispiele und Referenzen der Fa. „spectrum media“ angesehen, die größtenteils aus dem sozialen Bereich kommen. Die „Ausnahmen“ gilt es näher zu untersuchen. Wenn diese Ausnahmen nicht überhand nehmen, kann ich mir durchaus vorstellen, dass sie zulässig oder sogar sinnvoll sein können, um die Einnahmen des gemeinnützigen Unternehmens zu verbessern oder Lücken zu überbrücken. Stünden nun in der Referenzliste größtenteils gewerbliche Auftraggeber über die der Dienstleister auch noch satte Gewinne in private Taschen erzielte, dann sähe die Sache anders aus. Das können wir so aber nicht nachweisen.
Trotzdem haben Sie mit Ihrer grundsätzlichen Kritik Recht, dass es teils massiven Missbrauch im Bereich der Ein-Euro-Kräfte gibt – ich kenne selbst solche Fälle, die man einfach nur Ausbeutung nennen kann. Es kommt hinzu, dass diverse kommunale und gemeinnützige Einrichtungen wie Gemeinden, Schulen, Vereine und Verbände inzwischen von Ein-Euro-Kräften abhängig sind. Es besteht überhaupt nicht die Chance, dass das Ziel erreicht wird, die mitunter gut eingearbeiteten und motivierten Kräfte in den ersten Arbeitsmarkt zu überführen weil den Auftraggebern schlicht das Geld fehlt. Die Schulen – um mal bei Ihrem Beispiel zu bleiben - verfügen doch gar nicht über die notwendige Finanzausstattung, um beispielsweise eine erforderliche Systemadministratorin oder einen Systemadministrator - und sei es nur in Teilzeit - angemessen zu bezahlen. Man möchte aber auf die gut eingeführten MitarbeiterInnen nicht verzichten, also wird getrickst, nach einem halben Jahr musste der Mitarbeiter offiziell gehen, wurde dann kurzfristig vom Schulförderverein zu Minimalkonditionen weiterbeschäftigt, um anschließend wieder in der gleichen Ein-Euro-Schiene zu landen. So war es zumindest in der Vergangenheit.
Um hier grundsätzlich eine dauerhafte und wirkungsvolle Veränderung zu erzielen, müssen die Mittel, die heute in der „ARGE“ und den sozialen Vermittlungs- und Beschäftigungsgesellschaften zusammenlaufen, direkt, aber zweckgebunden den Aufgabenträgen – also Schulen, Gemeinden etc. zur Verfügung gestellt werden, damit genau diese in die Lage versetzt werden, die Betreuerin der Gemeindebücherei, den Hausmeistergehilfen oder die Netzwerkadministratorin dauerhaft sozialversicherungspflichtig beschäftigen zu können. Das ist zumindest meine persönliche Meinung dazu.
Unsere arbeitsmarktpolitische Sprecherin und niedersächsische Spitzenkandidatin Brigitte Pothmer hat zu diesem Thema ein umfangreiches Fachkonzept entwickelt, was bislang fehlt sind lediglich die parlamentarischen Mehrheiten zur Umsetzung. Ich habe ihr Ihre Frage weitergeleitet und werde Sie über Frau Pothmers Antwort informieren, sobald sie mir vorliegt. Brigitte Pothmer können Sie übrigens am 18.09.2009 ab 17:00 Uhr in Rosengarten-Nenndorf bei einer Informationsveranstaltung selbst treffen. Sie sind herzlich eingeladen, dabei zu sein. Den Hinweis auf die genannten Beschäftigungsgesellschaften habe ich an den Vorstand unseres Harburger Kreisverbandes und unsere Harburger Kreistagsabgeordneten weitergegeben.
Mit besten Grüßen
Hans-Christian Friedrichs