Portrait von Hans-Christian Friedrichs
Hans-Christian Friedrichs
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Hans-Christian Friedrichs zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Sebastian B. •

Frage an Hans-Christian Friedrichs von Sebastian B. bezüglich Bildung und Erziehung

Wie schätzen Sie das achtjährige Gymnasium ein? Wo liegen Ihrer Meinung nach Vor- und/oder Nachteile?

Portrait von Hans-Christian Friedrichs
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Hallo Herr Boldt,

vielen Dank für Ihre Frage.

Mich Ärgert die Entscheidung der niedersächsischen Landesregierung, die Schulzeit für Gymnasien von neun auf acht Jahre zu verkürzen, ebenso die Abschaffung der Orientierungsstufe. Geht man in anderen Bundesländern – wie in Hamburg – einen Schritt nach vorn, hin zu längerem gemeinsamem Lernen, so macht Niedersachsen einen Schritt zurück Richtung bildungspolitischem Mittelalter. Das alles geschieht unter dem Vorwand auch international konkurrenzfähig sein zu wollen. Um eine reale Verbesserung im Bildungssystem erreichen zu wollen, müsste man sich nur einmal die Ergebnisse der Pisa-Studien ansehen und sich an den Gewinnern orientieren. VertreterInnen der CDU behaupten auch gerne die Landesregierung täte das, denn in Finnland hätte man ja auch ein zwölfjähriges Schulsystem, nur wird dabei unterschlagen, dass Finnland ein komplett anderes Bildungssystem besitzt, in dem es z. B. einen ganz entscheidenden Vorteil gibt: kleinere Klassen, also mehr LehrerIn pro SchülerIn.

Zurück zur Frage. Die Vorteile des G8 liegen klar darin, dass leistungsstarke SchülerInnen tatsächlich schneller ihr Abitur in der Tasche haben und natürlich darin, dass der Staat hier Kosten reduzieren kann, so zumindest das inoffizielle Ziel der Maßnahme. Angesichts der immensen Wichtigkeit guter Bildung für unsere Kinder und die Gesellschaft insgesamt, ist es doch geradezu aberwitzig, gerade in diesem Bereich den Rotstift anzusetzen, insbesondere wenn man bedenkt, dass andernorts mit Milliarden die industrielle Vergangenheit subventioniert wird, beispielsweise mit der Abwrackprämie, anstatt in eine zukunftsfähige Bildung zu investieren. Sieht man genauer hin, wird auch deutlich, dass gerade leistungsschwächere SchülerInnen mit dem Turboabi ein Problem haben. Es liegt auf der Hand, dass bei 12 statt 13 Jahren die Qualität der Bildung sinkt und nicht steigt. Außerdem erfolgt eine Ausdünnung der Inhalte, weniger künstlerisch-musische Fächer, mehr Naturwissenschaften, also Inhalte die in der Wirtschaft schnell zu verwerten sind. Entschlackung der Lehrpläne heißt das dann aus Regierungssicht. Was ein Schell-Abi auf niedrigerem Niveau dann noch mit internationaler Wettbewerbsfähigkeit zu tun haben soll, muss man mir erklären.

Viele Grüße
Hans-Christian Friedrichs