Guy Seidel
Kusch
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Frage von Dennis von H. •

Frage an Guy Seidel von Dennis von H. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Seidel,

die Seefahrt hat unsere schöne Stadt zu einer Handelsmetropole gemacht. Seefahrer, Reedereien, Schiffsfahrtsgesellschaften und Schiffsbeteiligungsgesellschaften habe sich im Zuge dessen in Hamburg niedergelassen. Hamburg ist heute einer der weltweitführenden Schifffahrtsstandorte.

Die Seeschifffahrt boomt und trotzdem haben unsere Reeder ein Problem: die Kapitäne sind knapp.

Dieses Problem wurde dadurch verschärft, dass u.a. Hamburg die traditionsreiche Seefahrtsschule geschlossen hat.

Welches Konzept hat HeimatHamburg, um den Seefahrtsstandort Hamburg weiter zu stärken?

Mit freundlichen Grüßen

Dennis v. Heydebreck

Antwort von
Kusch

Sehr geehrter Herr von Heydebreck,
vielen Dank für Ihre Frage.

Heute arbeiten 21.000 Menschen in den deutschen Reedereibetrieben - 4000 mehr als 1999. Und die Perspektiven sind weiterhin gut angesichts der hohen Wachstumsraten im internationalen Schiffsverkehr.

Lassen Sie mich kurz zur Problematik Stellung nehmen: Viele Reeder haben große Schwierigkeiten, qualifizierte Leute zu finden. Seemännisches Personal ist sehr knapp. Wir wissen, die Frachtschifffahrt ist ein zyklisches Geschäft. Jetzt rächt sich, dass die Ausbildungskapazitäten in der letzten Abschwungphase zurückgedreht wurden, zumal immer mehr Schiffe glücklicherweise wieder unter deutscher Flagge fahren. Folglich benötigt man nun umso mehr deutsche oder deutschsprachige Offiziere. Eine Zeitlang fehlten die Studienanfänger, und Seefahrtsschulen wurden zugemacht. Sogar Hamburg, wie Sie zurecht hinwiesen, der größte deutschen Schifffahrtsstandort, hat keine Seefahrtsschule mehr. Aber, es fehlt auch, wie Sie bereits erwähnten an Kapitänen, weil diese nicht unbegrenzt auf der Brücke stehen wollen. Ein Kapitän ist mit 30 Jahren fertig ausgebildet. Dann fährt er zehn oder 15 Jahre zur See. Danach sucht er sich einen Land-Job, weil er keine Lust mehr hat, dauerhaft von zu Hause weg zu sein. Die Personalknappheit erhöht die Kosten: Das Heuern von Seeleuten wird immer teurer. Unter den Reedereien herrscht ein riesiger Abwerbungswettbewerb. Manche Unternehmen lockten mit studienbegleitenden Darlehen, somit wird versucht qualifizierte Kräfte früh an das eigene Haus zu binden. Der Bremer Reeder Niels Stolberg hat aus der Not eine Tugend gemacht und die Beluga Sea Academy gegründet. Diese bildet jedes Jahr 150 Kapitäne aus. Aber dies reicht längst nicht aus. Inzwischen gibt es jedoch viele Neueinsteiger. Aber es dauert acht Jahre, bis diese ihre Ausbildung abgeschlossen haben. Bis dahin haben die Reedereien ein Problem. Für die fertigen Kapitäne ist diese Marktlage hervorragend: Sie verdienen 6000 bis 7000 Euro im Monat.

Unser Konzept für den Hafen- und Handelsstandort Hamburg:
o Der notwendige Ausbau der Container- und Frachtkapazitäten im Hafen muss als übergeordnetes öffentliches Ziel gesetzlich verankert werden. Überlange Planungsphasen (5 bis 10 Jahre) können im Wettbewerb mit Rotterdam und anderen internationalen Häfen nicht hingenommen werden.
o Die überfällige Elbvertiefung gehört ebenfalls zu den international bedeutsamen Infrastrukturmaßnahmen. Sie muss gesetzlichen Vorrang haben vor anderen Interessen, z.B. der Umweltverbände und deren Nutznießer.
o Generelle Vereinfachung und Verkürzung der Planungsverfahren zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts und im Interesse der privaten und öffentlichen Investoren
o Einschränkung von Verbandsklagen gegen öffentliche Planungsvorhaben
o Verkürzte Ausschreibungserfordernisse, wie sie für andere EU-Länder (z.B. England und Holland) gelten
o Dringender Ausbau und Modernisierung der Hafenbahn und der schienengebundenen Hinterlandanbindung durch die so genannte Y-Trasse der Bahn, um das Frachtaufkommen zu bewältigen und den CO2-Ausstoß durch LKW einzudämmen
o Umweltschutz ist als hohes Gut zu achten, darf aber nicht - wie heute in Hamburg üblich - missbraucht werden (Stichworte: Wachtelkönig, Löffelente, Fledermäuse, Muscheln) und nicht den individuellen Interessen von Verbänden und deren Nutznießern zum Opfer fallen. 10 Jahre Planung für die Elbvertiefung und 1.000 anhängige Gerichtsverfahren bei Airbus sind zu viel.

Mit freundlichen Grüßen

G. Seidel