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Frage von Rasha T. •

Frage an Gustav Herzog von Rasha T. bezüglich Menschenrechte

Finden Sie nicht, dass das Kopftuch verbot für mehr Ungleichheiten sorgt ? Das würde ja Entgegen der 17 Nachhaltigkeitsziele arbeiten.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Tikerouine,

vielen Dank für Ihre Frage, auf die ich sehr gerne eingehe, auch wenn ich mich über eine kurze Anrede gefreut hätte.

Zunächst einmal stimme ich Ihnen selbstverständlich zu, dass ein "Kopftuchverbot" zu Ungleichbehandlung führen und damit gegen das zehnte Ziel für eine nachhaltige Entwicklung, Ungleichheit zu verringern, arbeiten würde. Genau aus diesem Grunde gibt es ein solches "Kopftuchverbot" nicht.

Ich vermute, Sie beziehen sich in Ihrer recht knappen Anfrage auf die Verabschiedung des "Gesetzes zur Regelung des Erscheinungsbilds von Beamtinnen und Beamten sowie zur Änderung weiter dienstrechtlicher Vorschriften". Als Mitglied des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie des Ausschusses Digitale Agenda war ich an den Verhandlungen im Innenausschuss des Bundestages nicht beteiligt. Allerdings kann ich versichern, dass die SPD-Fraktion sich im parlamentarischen Verfahren sehr eingehend mit der Frage beschäftigt hat, ob die Regelung die Gefahr eines "allgemeinen Kopftuchverbots" birgt. Wir sind übereinstimmend mit unserem Koalitionspartner sowie mit dem innerhalb der Bundesregierung federführenden Bundesministerium des Innern der Auffassung, dass die Regelung weder aus sich heraus ein "allgemeines Kopftuchverbot" enthält, noch den Ländern per se die Möglichkeit dafür bietet. Diese Auffassung haben wir auch in der Beschlussempfehlung des Innenausschusses festgehalten (BT-Drs. 19/28836; S. 12f.).

Anlass für dieses Gesetzesvorhaben war schließlich auch kein religiös assoziiertes Erscheinungsmerkmal, sondern ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.11.2017 (BVerwG 2 C 25.17), das die Entlassung eines Polizeibeamten mit Nazi-Tattoos aus dem Beamtenverhältnis bestätigte und gleichzeitig eine gesetzliche Grundlage für Regelungen des Erscheinungsbildes von Beamt:innen forderte.

Dieser Forderung der Rechtsprechung wird mit diesem Gesetz nachgekommen und die bereits bestehende Praxis in Bund und Ländern, das Erscheinungsbild der Beamt:innen zu regeln, auf eine neue - gesetzliche - Grundlage gestellt. Hierdurch kann (!) insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert - und ausschließlich unter diesen Voraussetzungen.

Uns ist dabei wichtig klarzustellen, dass durch die Ermächtigungsgrundlagen in § 61 Absatz 2 BBG und § 34 Absatz 2 BeamtStG aus unserer Sicht keine Änderungen bezüglich der Rechtslage zum Thema "allgemeines Kopftuchverbot" herbeigeführt werden. Es geht um eine Konkretisierung zur Regelung des äußeren Erscheinungsbildes. Entsprechende Regelungen müssen sich auch künftig an die strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts halten, wonach eine Einschränkung oder Untersagung zum Beispiel von Merkmalen des Erscheinungsbildes, die religiös oder weltanschaulich assoziiert sind, nur unter engen Voraussetzungen zulässig ist. Diese Merkmale müssten objektiv geeignet sein, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung des:r Beamt:in zu beeinträchtigen.

Das bedeutet, dass sich mit diesem Gesetz an der aktuell gültigen Rechtslage in Bezug auf das Tragen von Kopftüchern nichts ändert.

Ich hoffe, ich konnte deutlich machen, dass mit dem Gesetz zur Regelung des Erscheinungsbildes von Beamt:innen weder durch die Hinter- noch durch die Vordertür ein "Kopftuchverbot" einhergeht und dass wir als SPD-Fraktion uns selbstverständlich der Förderung des Ziels, Ungleichheiten abzubauen, verschrieben haben.

Mit freundlichen Grüßen,

Gustav Herzog