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Frage von Wolfgang C. •

Frage an Gustav Herzog von Wolfgang C. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Gustav,

Deutschland sucht Fachkräfte, mittlerweile schrankenlos weltweit, und droht am Fachkräftemangel wirtschaftlich zu zerbrechen.
Bei Opel sind entgegen dem Trend 2100 Fachkräfte überflüssig, ca. 500 Fachkräfte sind bereit freiwillig zu gehen. Weder Altersteilzeit, Senior leave, noch eine Abfindung (Geld) wollen Sie annehmen, sie lassen sich nicht abwerben. Der Personalchef droht mit Kündigung https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/wegen-stockenden-personalabbaus-opel-personalchef-droht-belegschaft-mit-kuendigungen/26193498.html .
Das Programm zur Altersteilzeit (Vorruhestand) wird auch für Beschäftigte des Jahrgangs 1964 geöffnet (56-Jährige) https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/kriselnder-autobauer-opel-plant-transfergesellschaften-und-kurzarbeit-bis-ende-2021/26221092.html .

1600!!! Fachkräfte weigern sich - allein bei Opel - anderweitig zu arbeiten, obwohl überall händeringend Fachkräfte gesucht werden!

Die Lufthansa streicht mindestens 1100 Piloten-Jobs, mehr als 27000 Stellen sind gefährdet. https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/sparkurs-lufthansa-streicht-mindestens-1100-piloten-jobs/26220252.html . Bei Daimler in Stuttgart und Berlin sollen mehr als 5000 Stellen gestrichen werden.
https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/autobauer-daimler-betriebsrat-fuerchtet-verlagerung-von-jobs-nach-osteuropa/26220260.html . 6000 der 18000 Fachkräfte auf deutschen Werften sind gefährdet.
https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/coronakrise-ig-metall-sieht-im-schiffbau-tausende-jobs-in-gefahr/26219200.html usw.
Muss eine Zwangsvermittlung unter Aufsicht von Politikern z.B. einem Arbeits-/Wirtschaftsminister und internationalen Wirtschaftsprüfern angeordnet werden? Ist Ihr Führungspersonal nicht berühmt für innovative Arbeitsgesetze (Agenda 2010, etc.)!?

Wann legt Ihre Partei endlich eine Agenda xxxl für eine neue Arbeitszukunft in Deutschland vor?
mfg
Wolfgang Clemens

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Clemens,

vielen Dank für Ihre Anfrage, auf die ich sehr gerne eingehe.

Der Fachkräftemangel in manchen Arbeitsbereichen ist in der Tat ein Problem, das uns als SPD-Bundestagsfraktion eingehend beschäftigt. Dennoch sehe ich bei Ihrem (ein bisschen zu) pragmatischen Ansatz einige Schwierigkeiten.

Ganz besonders hervorheben möchte ich, dass wir nicht mit Zwang arbeiten. Eine „Zwangsvermittlung unter Aufsicht von Politikern“, wie Sie es vorschlagen, lehne ich deshalb strikt ab. Eine Zwangsvermittlung widerspricht nicht nur dem sozialdemokratischen Grundsatz der Freiheit als Möglichkeit zum selbstbestimmten Leben, sondern ist auch mit der Wirklichkeit der Arbeitsmarktpolitik unvereinbar.

Schließlich gilt: Fachkraft ist nicht gleich Fachkraft. Eine Luftsicherheitsfachkraft ist nicht qualifiziert für die Pflegearbeit – und umgekehrt. Die berufliche Ausbildung und jahrelange Arbeitserfahrung befähigen die Fachkräfte, in ihrem Bereich besonders kompetent mitwirken zu können. Mit der „Zwangsumsiedlung“ einer Kfz-Mechatronikerin in die Krankenpflege beispielsweise ist dann niemandem geholfen. Hinzu käme das Problem, dass ggf. Wohnortwechsel vonnöten wären, zu denen wir als Sozialdemokrat*innen selbstverständlich niemanden zwingen werden.

Dennoch gebe ich Ihnen Recht, dass in Tätigkeitsbereichen, in denen zukünftig voraussichtlich weniger oder anders ausgebildete Fachkräfte benötigt werden, eine gewisse Bereitschaft zur Flexibilität gefragt sein wird. Deshalb setzen wir als SPD auf den Grundsatz des Förderns und Forderns und stellen Qualifizierungs- und Weiterbildungsprogramme in den Mittelpunkt. Wer bereit und gewillt ist, eine andere berufliche Richtung einzuschlagen oder sich weiterzubilden, soll sich hierzu ermutigt fühlen – ohne Angst vor sozialem Abstieg und unabhängig von Alter und finanzieller Ausgangslage. Unser Kanzlerkandidat und Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat deshalb bereits im vergangenen Jahr ein Recht auf eine Berufsausbildung oder ein Studium für über 40-Jährige gefordert.

Sie sehen, Herr Clemens, dass wir uns des Problems des Fachkräftemangels annehmen und sozial gerechte Lösungen hierfür anbieten, ohne auf Zwangsmaßnahmen zurückgreifen zu müssen.

Mit freundlichen Grüßen,

Gustav Herzog