Frage an Gustav Herzog von Camilla N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Herzog,
laut einer Umfrage von abgeordnetenwatch.de aus 2019 finden 82% aus 1006 Wahlberechtigten, dass der Einfluss von Lobbyisten auf die Politik zu hoch beziehungsweise viel zu hoch ist. Finden Sie auch, dass der Einfluss von Lobbyismus zu groß ist und stellt er Ihrer Meinung nach eine Gefahr für die Demokratie dar?
Sehr geehrte Frau N.,
gerne beantworte ich Ihre Frage zum „Lobbyismus“ und ob er eine Gefahr für die Demokratie ist.
Zunächst möchte ich Ihnen meine persönliche Sicht als langjähriger Abgeordneter mitteilen. Insbesondere als Wahlkreisabgeordneter muss man politischer Generalist zu fast allen gesellschaftlichen und politischen Themen sein, die Gegebenheiten seines Wahlkreises sehr gut kennen und darüber hinaus Spezialist für seine Berichterstattungen im Fachausschuss sein. So war ich in den letzten 20 Jahren schon zuständig für Pflanzenschutz, Weinbau und Öko-Landwirtschaft, für Schienenlärm, Binnenschifffahrt und den Bundesverkehrswegeplan und nun für die Digitale Infrastruktur, Glasfaser und Mobilfunk.
Für die Beantwortung allgemeiner Bürgeranliegen und die Bearbeitung der großen Fülle fachspezifischer Fragen im Rahmen der „Berichterstattungen“ unterstützen mich als Abgeordneten zwei wissenschaftliche Mitarbeiter*innen, zwei Sachbearbeiter*innen und eine studentische Hilfskraft (fast alle in Teilzeit). Um meine Arbeit fachlich kompetent leisten zu können, bin ich zudem auf vielfältige Kontakte zu Einzelpersonen, Verbänden, Organisationen, Institutionen und Unternehmen angewiesen. Wenn ich Entscheidungen treffen muss, die beispielsweise unmittelbare Folgen für eine bestimmte Branche und deren Mitarbeiter*innen nach sich ziehen wird, dann sehe ich es sogar als meine Pflicht ab, im Zuge des Gesetzgebungs- bzw. Entscheidungsfindungsprozesses Fachgespräch auch mit diversen Vertreter*innen der betreffenden Branche zu führen.
Die Kontakte zu den „Lobbyisten“ sind also ein wichtiger Bestandteil meines „Handwerkszeuges“. Entscheidend ist, wie der Abgeordnete mit diesen Kontakten umgeht. Für mich sind die „Lobbyisten“ Lieferanten von Informationen, Positionen und sind manchmal Ratgeber, manchmal Kontrahenten!
Auf diese Gespräche und die daraus entstehende Arbeitsbeziehung will und kann ich nicht verzichten. Gerne erläutere ich Ihnen Details in einem persönlichen (Telefon)gespräch.
Es gibt natürlich auch „Schwarze Schafe“ – sowohl bei den Lobbyisten, als auch bei den Abgeordneten. Deshalb bin ich gegenüber weiteren Verbesserungen bei der Transparenz aufgeschlossen.
Eine Gefahr für unsere Demokratie sehe ich jedoch beim Thema Lobbyisten nicht. Hingegen wird unsere Demokratie gezielt von Populisten und Verbreitern von Verleumdungen, Fake-News und verbalen wie realen, also körperlichen Ausschreitungen gegen Politiker*innen auf allen Ebenen angegriffen.
Mit freundlichen Grüßen
Gustav Herzog