Frage an Gustav Herzog von Gerd S. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Herzog,
ich arbeite in einem Automobilunternehmen. Ab der ersten Hierarchieebene – zu der ich nicht gehöre – steht Führungskräften ein Dienstwagen zu. Durch die - ausdrücklich zulässige und unbeschränkte - private Nutzung, einschließlich der Kraftstoffkosten im Inland entsteht ein geldwerter Vorteil. Dieser wird p a u s c h a l mit der 1% Regel versteuert. Rechtsgrundlage ist – nach einschlägiger Internetrecherche - § 8 Abs. 2, 3 und 5 EStG sowie R 8.1 Abs. 9 Nummer 1 LStR.
Das hört sich nach „Flatrate Autofahren“ an und ist nach meiner Wahrnehmung auch genau das. Gerne auch in möglicherweise bezüglich Leistung, Kraftstoffverbrauch, Gewicht und Größe überdimensionierten Fahrzeugen.
Das gleiche Unternehmen untersagt die private Nutzung einer Firmenbahncard. Begründung: es entsteht dabei ein geldwerter Vorteil. Es sei ausdrücklich nicht möglich bzw. vorgesehen, diesen geldwerten Vorteil anzugeben und korrekt zu versteuern. Inwieweit speziell der Unwillen zur Versteuerung nur auf die Bequemlichkeit des Unternehmens oder eine gesetzliche Grundlage zurückgeht entzieht sich meiner Kenntnis.
Nun wurde ja im Kabinett ein Klimapaket beschlossen. Mit diesem habe ich mich nicht im Detail beschäftigt. Von einer Aufhebung oder Reform der „Firmenwagen Flatrate“ habe ich aber nichts gelesen.
Daher die Fragen an sie:
Setzt die aktuelle Dienstwagen Regelung Ihrer Meinung nach die richtigen Anreize ?
Sehen Sie eine gesetzliche Gleichbehandlung der Verkehrsmittelt bezüglich der Behandlung des geldwerten Vorteils ?
Was tun Sie oder Ihre Partei, die ja an der Regierung beteiligt ist in diesem Punkt, sehen Sie Handlungsbedarf ?
War die aktuelle Regelung bzw. deren Änderung Gegenstand der Verhandlungen zum Klimapaket ?
Mit freundlichen Grüßen
G. S.
Sehr geehrter Herr S.,
besten Dank für Ihre Frage zu dem aktuellen und wichtigen Thema
Bei fast zweidrittel der neu zugelassenen Personenkraftwagen handelt es sich um Dienstwagen. In Anbetracht des großen Anteils, den der Sektor Verkehr an dem deutschlandweiten CO2-Ausstoß hat, ist es also wichtig, sich mit dem Thema Dienstwagen auseinanderzusetzten – und den Anteil, den Benziner und Diesel am Verkehr haben, zu verringern.
Deshalb wurde die Dienstwagenregelung auch im Gesetzentwurf zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht adressiert.
Bereits 2018 wurde eine Begünstigung für Elektrofahrzeuge bei der Dienstwagenbesteuerung eingeführt. Wird ein Dienstwagen auch privat genutzt, wird dieser Vorteil grundsätzlich mit ein Prozent des inländischen Listenpreises versteuert – ganz wie sie es beschrieben haben. Im letzten Jahr hat die Koalition für Elektro- und extern aufladbare Hybridfahrzeuge diese Versteuerung halbiert, also auf 0,5 Prozent reduziert. Bisher ist diese Maßnahme bis Ende 2021 befristet. Auch vor dem Hintergrund der Verpflichtung zur Einhaltung der Klimaziele von Paris soll die Begünstigung für Elektro- und Hybridfahrzeuge nun in zwei Stufen bis zum Jahr 2030 verlängert werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 3 und 4 EStG). Diese Verlängerung ist für extern aufladbare Elektro- und Hybridelektrofahrzeuge, die bis einschließlich 31.12.2030 angeschafft oder geleast werden, vorgesehen.
In dem neuen Gesetzentwurf wurde nun außerdem festgehalten, dass wir bei der Nutzung rein elektrisch betriebener Dienstwagen, deren Bruttolistenpreis nicht mehr als 40.000 Euro beträgt, den zu versteuernden Vorteil auf 0,25 Prozent des Bruttolistenpreises senken. Diese Maßnahmen werden vom Deutschen Bundestag beraten. Es ist vorgesehen, dass das Gesetzgebungsvorhaben noch in diesem Jahr in Kraft tritt.
Kostenerstattungen des Arbeitgebers für dienstlich veranlasste Fahrten sind – unabhängig vom Verkehrsmittel – in Höhe der tatsächlich entstandenen Aufwendungen nach § 3 Nummer 13 und 16 EStG steuerfrei.
Für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsplatz kann von allen Steuerpflichtigen die verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale in Höhe von 30 Cent je Entfernungskilometer gefordert werden.
Kostenerstattungen des Arbeitgebers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsplatz können unabhängig vom Verkehrsmittel nach § 40 Absatz 2 Satz 2 EStG bis zur Höhe der Entfernungspauschale pauschal mit 15 Prozent besteuert werden.
Ein vom Arbeitgeber gestelltes Auto kann für den Arbeitnehmer je nach Einzelfall auch teurer sein als ein vergleichbarer privat angeschaffter PKW. Außerdem gibt es durchaus Alternativen, die den Verzicht auf den Dienstwagen möglich machen.
Das Bundesfinanzministerium hat in einem Schreiben vom 15. August 2019 eine weitgehende Steuerfreiheit für die Bahncard100 angekündigt. Mit der neuen Regelung können Unternehmen ihren Mitarbeitern künftig deutlich einfacher als bislang eine entsprechende Karte zur Verfügung stellen. Eine Steuerpflicht für geldwerten Vorteil durch private Nutzung entsteht dann nicht mehr. Die Bahncard100 wird mit dieser Regelung dem Jobticket nun steuerlich vollständig gleichgestellt. Das Ganze setzt jedoch die entsprechende Bereitschaft des Arbeitgebers voraus.
Sie sehen, wir sind kräftig dabei, die Voraussetzungen für die Einhaltung der Klimaziele zu schaffen. Die Debatten dazu werden im Bundestag und Bundesrat sicher interessant sein!
Herzliche Grüße
Gustav Herzog