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Frage von Volker U. •

Frage an Gustav Herzog von Volker U. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrter Herr Abgeordneter,

der heutigen Ausgabe der regionalen Tageszeitung "Die Rheinpfalz" war zu entnehmen, daß von den 10 höchstverschuldeten Kommunen Deutschlands, allein 5 aus der Westpfalz kommen, davon betreffen 3 (Kaiserslautern, Kusel und Donnersbergkreis) direkt Ihren Wahlkreis. Wie konnte es aus Ihrer Sicht zu solch einer negativen Entwicklung kommen und was gedenken Sie als Bundestagsabgeordneter dagegen zu unternehmen? Vielen Dank für Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Volker Ultes

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr U.,

besten Dank für Ihre Frage zur Schuldenlast Westpfälzer Kommunen. Sie beziehen sich auf einen aktuellen Artikel in der RHEINPFALZ. Sie beschreiben richtig, dass in dem Artikel Kaiserslautern, Kusel und der Donnersbergkreis den 10 „Sorgenkindern“ unter den kommunalen Schuldnern zugerechnet werden. Sie lassen jedoch unerwähnt, dass die Studie, auf die sich die RHEINPFALZ bezieht, eine Datengrundlage von 2015 hat. Zudem wird in den Artikel ganz richtig das Mainzer Finanzministerium zitiert, das darauf hinweist, dass sich die Finanzlage der Kommunen in RLP „in den vergangenen Jahren erheblich verbessert hat“. Damit haben Sie zwei wichtige Aspekte unerwähnt gelassen, die aber für eine seriöse Analyse wichtig sind.

Warum ist es so wichtig, auf welchen Zahlen die Studie basiert? Weil der Bund mit Start 2015 (!) viele Milliarden-Entlastungs- und Investitionsprogramme zur Stärkung der Kommunen auf den Weg gebracht hat, die teilweise sofort wirksam wurden, teilweise erst 2017/2018 im vollen Umfang Wirkung zeigen. Ich komme in der Folge noch auf die wichtigsten Programme und Erfolge.

Mit diesem Hinweis möchte ich aber keineswegs leugnen, dass es trotz der erheblichen Anstrengungen des Bundes und auch des Landes RLP zwar besser, aber noch lange nicht gut geworden ist in der Region. Die bundesweiten Gemeinsamkeiten aller finanzschwachen Kommunen in Deutschland sind die hohen Altschulden und insbesondere bei den Großstädten darunter die Ausgabensteigerungen von bis zu 9% bei den Sozialetats, die derzeit noch nicht vollständig trotz des hohen Anstiegs der Entlastungen durch den Bund ausgeglichen werden. Da müssen wir dringend weitere Entlastungen beschließen.

Wo liegen nun die Gründe dafür, dass die Westpfalz in besonderem Maße vom (Alt-) Schuldenthema betroffen ist? Wer die Geschichte unserer Region kennt, kennt die Antwort – kaum eine andere Region hat der Abzug der US-Streitkräfte und damit der Konversionsprozess und auch Strukturwandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft so geballt getroffen wie die Westpfalz. Wir haben als SPD diesen Wandel aktiv mitgestaltet, insbesondere Kurt Beck ist der erfolgreiche Prozess der Konversion nach dem schrittweisen Abzug der US-Army zu verdanken. Aber sehr große Veränderungen brauchen Investitionen und umfassende neue Infrastruktur. Natürlich haben da in der Vergangenheit Bund und Land viel beigesteuert, aber an den Kommunen und Landkreisen blieben trotzdem noch hohe Kosten hängen. Vereinfacht gesagt: Für die Zukunftsfähigkeit muss investiert werden und dafür müssen Schulden gemacht werden. Jetzt sehen wir beispielsweise in der Erfolgsgeschichte von Kaiserslautern als Stadt der Forschung, Wissenschaft und digitalen Wirtschaft mit vielen Start-Ups, dass es richtig war, den langen und mühevollen Weg zu gehen. Für die auf dem Weg gemachten Altschulden muss eine tragfähige Lösung gefunden werden. Einen vollständigen Altschuldenschnitt halte ich leider nicht für machbar, aber spürbare Hilfe beim Abbau durch den Bund halte ich für richtig und machbar. Dafür werde ich mich auch in der kommenden Wahlperiode einsetzen!

Doch nun zu den Maßnahmen, die teils federführend von der SPD in der aktuellen Wahlperiode für die Kommunen ergriffen wurden.

Seit 2014 übernimmt der Bund die Kosten von jährlich gut 6 Milliarden Euro für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung komplett. Darüber hinaus entlastet der Bund die Kommunen bei den Sozialausgaben mit einem anwachsenden Milliardenbetrag: jeweils 1 Milliarde in den Jahren 2015 und 2016, dann 2,5 Milliarden 2017 und 5 Milliarden Euro ab 2018. Zudem unterstützt der Bund die Kommunen beim Ausbau der Kinderbetreuung bis 2018 mit über 4 Milliarden Euro.

Kommunale Investitionen

Mit einem kommunalen Investitionsfonds fördern wir Investitionen in Bildungseinrichtungen, Klimaschutz und sonstige kommunale Infrastruktur (z. B. Krankenhäuser oder Lärmschutz). Die Mittel dafür verdoppeln wir von 3,5 auf 7 Milliarden Euro. Und wir haben im Grundgesetz die Möglichkeit geschaffen, damit Schulen zu sanieren.

Unterstützung bei der Versorgung von Flüchtlingen

2015 hat der Bund 2 Milliarden Euro als Soforthilfe für die Versorgung von Asylsuchenden bereitgestellt. Seit 2016 unterstützt der Bund die Länder und Kommunen für die Dauer des Asylverfahrens mit monatlich 670 Euro pro Asylbewerber bzw. Asylbewerberin (5,5 Milliarden Euro im Jahr 2016). Gleichzeitig überlässt der Bund bundeseigene Immobilien für Flüchtlingsunterkünfte mietfrei und übernimmt die Kosten für deren Herrichtung. Zusätzlich übernimmt der Bund bis 2018 vollständig die Unterkunftskosten für anerkannte, arbeitslose Flüchtlinge. Eingeplant sind bereits jetzt 2,6 Milliarden Euro.

Länder und Kommunen erhalten zudem vom Bund jährlich 350 Millionen Euro für die Betreuung von unbegleiteten Kindern und Jugendlichen. Bis 2018 zahlt der Bund den Ländern eine Integrationspauschale von jährlich 2 Milliarden Euro.

Allein in den Jahren 2014 bis 2017 unterstützte der Bund die Kommunen durch die genannten Maßnahmen, sowie durch die Förderung von Breitbandausbau und Programme zum Wohnungs- und Städtebau mit rund 60 Milliarden Euro!

Wenn Sie weiterhin fragen, was ich und die SPD-Bundestagsfraktion künftig für die verschuldeten Kommunen in unserer Region tun wollen, so antworte ich mit diesen drei Zielen: Stärkung der Investitionskraft, wie dies durch die Investitionsprogramme in Höhe von sieben Milliarden Euro bereits geschehen ist. Zweitens brauchen wir eine weitere Entlastung von Sozialausgaben, wie dies durch die Übernahme der Grundsicherung und erhöhte Kostenübernahmen für Langzeitarbeitslose gemacht worden ist. Drittens stimme ich der Forderung der Studie zu, auf die sich die RHEINPFALZ bezieht: Die Kommunen von den Kassenkrediten zu entlasten. Ein Weg dazu führt wie bereits beschrieben über den Abbau der hohen Altschulden der Kommunen.

Mit freundlichen Grüßen,

Gustav Herzog